© 2009 Reiner Wandler

Haft nach inszeniertem Unfall

Die tunesische Justiz hat einen neuen Weg gefunden, Regimekritiker mundtot zu machen. Der Journalist Taoufik Ben Brick wurde am Donnerstag zu sechs Monaten Haft verurteilt. Nicht etwa wegen eines Artikels oder einer Protestaktion, sondern wegen „Gewalt“ und „dem Verstoß gegen die guten Sitten“.

Der 49-jährige Autor soll demnach eine Frau tätlich angegriffen haben. Der Vorfall habe sich am 22. Oktober, nur drei Tage vor den Präsidentschaftswahlen, bei denen Staatschef Zine al-Abidine Ben Ali mit knapp 90 Prozent im Amt bestätigt wurde, ereignet. Ben Brick habe beim Einparken vor der Schule seiner Tochter einen anderen Pkw beschädigt und die Fahrerin tätlich angegriffen. Seit 29. Oktober sitzt der Journalist in Haft. Seit mehr als einer Woche darf er keinen Besuch empfangen.

Er sei Opfer „eines Hinterhaltes“ geworden, beschwert sich Ben Brick schriftlich. Weder habe er den Pkw angerempelt noch die Frau angegriffen. Der vermeintliche Vorfall sei eine Inszenierung der politischen Polizei, beschwerten sich seine Anwälte vor Gericht. „Die Nachricht der Regierung ist klar: Niemand ist unantastbar, niemand hat das Recht, zu sagen, was er denkt“, erklärt Radhia Nasraoui, Mitglied des 30-köpfigen Anwaltskollektivs, das Ben Brick verteidigt.

Auch für die Organisation Reporter ohne Grenzen ist der Fall klar: „Mit diesem Urteil gehört Tunesien einmal mehr zum Club von Ländern, die Journalisten wegen Meinungsdelikten einsperren“, erklärte Generalsekretär Jean-François Julliard.

Das Verfahren von Ben Brick hat zu Verstimmungen zwischen Frankreich und Tunesien geführt. „Wenn jemand zum fünften Mal wiedergewählt wird und sein Land geschickt lenkt, ist so etwas unnötig“, richtete sich der französische Außenminister Bernard Kouchner an Tunesiens Staatschef Ben Ali. Der entgegnete mit dem Vorwurf der „Einmischung in innere Angelegenheiten“ und der „Kolonialpolitik“.

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