© 2009 Reiner Wandler

Die Zukunft ist weiblich

Sie kennen nur ein Thema: Fußball. Doch ihre Stars heißen nicht etwa Cristiano Ronaldo oder Etoo. Die Frauen, die sich auf Einladung der FIFA vergangenen Woche in einem Hotel in der tunesischen Hauptstadt Tunis versammelt haben, schwärmen von Marta Vieira da Silva und Birgit Prinz. Sie kommen aus 14 afrikanischen Ländern und träumen davon, den Frauenfußball auf dem schwarzen Kontinent zu internationaler Größe zu führen.

„Das wichtigste dafür ist eine solide Basisarbeit“, erklärt Teruwork Berhanu. Die 42-Jährige Berhanu ist Sportlehrerin und hat einst selbst am Gymnasium Fußball gespielt. Sie ist die einzige Frau im Vorstand des Äthiopischen Fußballverbandes. Vom Seminar erwartet sie sich neue Ideen, sowohl für Management als auch für die Trainerarbeit und medizinische Betreuung der Spielerinnen. „Eine Frauenfußballliga, wie wir sie heute in Athiopien haben, gab es in meiner Jugend nicht“, berichtet Berhanu. Damals herrschte in dem ostafrikanischen Land eine sich sozialistisch nennenden Regierung. Frauensport förderte sie nicht, obwohl dies die Entwicklungshelfer des Großen Bruders Sowjetunion immer wieder anregten.

„Die Regierung war fest davon überzeugt, dass Frauenfußball unnatürlich sei. Das Spiel würde Brustkrebs und Unfruchtbarkeit hervorrufen“, erzählt Berhanu und schüttelt dabei den Kopf. Und das in einem Land, in dem bereits in den 1960er Jahren Frauenfußball gespielt wurde. „Ohne die Unterbrechung in den Jahren des Sozialismus, wären wir heute sicher eine Supermacht im afrikanischen Frauenfußball“, ist sich Berhanu sicher.

Die Zeiten des Verbots sind zum Glück längst vorbei. 14 Clubs spielen jetzt in der äthiopischen Liga. Rund 5.000 Frauen gehören Vereinen und Fußballmannschaften in Schulen und Universitäten an. Stolz berichtet Sportfunktionärin Berhanu vom ersten internationalen Erfolg. 2004 wurde die äthiopische Frauennationalmannschaft Vierter bei den afrikanischen Meisterschaften.

Noch sind Trainer und medizinische Betreuer Männer. „Doch das wird sich hoffentlich bald ändern“, meint Berhanu. Denn der Frauenfußball erlebe nicht nur in ihrem Land einen Boom. Frauen besuchen Trainerkurse und spezialisieren sich als Sportärztinnen.

Als nächstes will der äthiopische Verband die Kinder- und Jugendarbeit ausbauen. Für Mädchen ab 14 Jahren gibt es bereits Strukturen. Jetzt sollen Mädchen ab sechs gewonnen werden. „Obwohl wir kein muslimisches Land sind, ist es nicht immer leicht, die Eltern davon zu überzeugen, ihre Töchter spielen zu lassen“, weiß Berhanu. Doch sie beobachtet auch eine neue Tendenz. Immer mehr junge Paare kehren der machistischen Tradition den Rücken und fördern auch ihre Töchter.

Dies lässt sich auch im Gastgeberland Tunesien beobachten. „Vor fünf Jahren hatten 600 Frauen eine Spielerlizenz, heute sind es rund 2.000“, erklärt Wifek Bellakhal. Die 26-Jährige ist die Trainerin der U-17 und U-20 Frauennationalmannschaften und gehört zum Technikerstab der absoluten Nationalmannschaft. In Tunesien gibt es mittlerweile eine Frauenliga und eine Mädchenliga.

Natürlich muss auch Bellakhal immer wieder mit Eltern reden. In muslimischen Ländern wie Tunesien kommt noch die Sorge vor der unzüchtigen Zurschaustellung des Körpers hinzu. „Wir sind flexibel was die Kleiderordnung angeht“, sagt Bellakhal, die sich sicher ist, dass der Frauenfußball in ihrem Land eine große Zukunft hat.

An Geld für die Ausbaupläne fehlt es nicht. Die FIFA vergibt großzügig Hilfen an die afrikanischen Fußballverbände. Seit 1999 fließen ein Teil der Einnahmen aus den Fernsehrechten die vor allem mit den Fußballweltmeisterschaften eingenommen werden auf den Schwarzen Kontinent. Alleine mit der WM in Südafrika 2010 wird die FIFA rund eine Milliarde US-Dollar verdienen. Jeder der 53 afrikanischen Landesverbände erhält pro Jahr 250.000 US-Dollar und der Afrikanische Fußballverband (CAF) noch einmal 2,5 Millionen. 15 Prozent davon müssen, so die FIFA-Bestimmungen, in den Frauenfußball fließen.

„Dem Frauenfußball gehört die Zukunft“, zitiert Mayrilian Cruz Blanco ihren Chef, FIFA-Präsidenten Joseph Blatter. „Die Zahlen beweisen dies“, fügt die Kubanerin, die im Weltfußballverband für die Entwicklung des Frauensports zuständig ist, hinzu. Mit 26 Millionen ist jeder zehnte aktive Spieler weltweit eine Frau. 2007 nahmen an der Vorrunde für die Frauenfußball-WM 119 Nationalmannschaften teil. Die Zuschauerzahlen steigen ständig. 1999 sahen weltweit gerade einmal 137 Millionen die Frauenfußball-WM im Fernsehen. 2003 waren es bereits 526 Millionen und vier Jahre später über 700 Millionen. Selbst die letzten U-17 und U-20 Weltmeisterschaften füllten große Stadien. Jetzt hoffen die FIFA-Verantwortlichen, dass die der Frauenfußball-WM 2011 erstmals Gewinne bringen wird. Wie es zu dem steigende Interesse kommt? „Der Frauenfußball ist eine Möglichkeit der Frauen, sich selbst zu verwirklichen“, erklärt Cruz Blanco. Die Seminar-Teilnehmerinnen wissen wovon sie spricht.

Was bisher geschah: