© 2009 Reiner Wandler

Mit eiserner Hand

Libyens Muammar al-Gaddafi ist nicht der einzige nordafrikanische Staatschef, der sein Land mit eiserner Hand regiert. Auch der Präsident des kleinen Nachbarlandes Tunesien, Zine El Abidine Ben Ali, möchte von Demokratie nichts wissen. Ob weltliche Oppositionsparteien oder Islamisten, ob Menschenrechtler oder Gewerkschaftsaktivisten, wer nur die geringste Kritik übt bekommt es mit dem übermächtigen Staatsschutz des seit knapp 22 Jahren Jahren regierenden Ben Ali zu tun.

Der in Hammam Sousse im Osten des Landes geborene General ist Spezialist in Sachen innere Sicherheit. Ben Ali, der übermorgen (3.9.09) 73 Jahre alt wird, begann seine militärische Laufbahn auf der Militärschule in Tunesien. Danach besuchte er die berühmte französische Militärakademie Saint Cyr und einen mehrmonatigen Kurs beim militärischen Geheimdienst in den USA. Von 1958 bis 1974 leitete er den militärischen Geheimdienstes des jungen, unabhängig Landes. 1977 wurde er zum Generaldirektor der Nationalen Sicherheit ernannt. 1985 wurde er Staatsekretär für den gleichen Zuständigkeitsbereich und ein Jahr später Innenminister und 1987, nach einem Putsch gegen seinen Ziehvater und Helden der Unabhängigkeit Habib Bourguiba, gar Regierungschef. „Le changement“ heißt der Putsch im Amtstunesisch. Der 7. November ist seither staatlicher Feiertag. Nach drei Amtszeiten ließ Ben Ali per Referendum die Verfassung ändern. Die Tunesier werden den Diktator wohl bis zu dessen Ableben erdulden müssen.

Seit 2003 ein neues Anti-Terror-Gesetz verabschiedet wurde sind nach Angaben von Amnesty International (ai) rund 2000 Menschen als Terroristen verurteilt worden. Wer jung ist, einen Bart trägt, oft in die Moschee und in ein Internetcafé geht gilt der Polizei als verdächtig. „Oft werden Unterlagen gefälscht, um die tatsächliche Zeit ihres Polizeigewahrsams zu vertuschen und so einen Anschein von Legalität zu wahren“, heißt es im neuesten Länderbericht von ai. Viele der Verhafteten werden somit länger als die gesetzlich vorgesehenen sechs Tage in Isolation gehalten. Dabei werden sie oft gefoltert und misshandelt, um Geständnisse und Beschuldigungen gegen andere Verhaftete zu erzwingen. Auch in der Gefängnissen sei die Misshandlung der Insassen an der Tagesordnung.

Auch soziale Bewegungen werden mit Gewalt unterdrückt. So 2008 als in der Industriestadt Gafsa Unruhen ausbrachen, nachdem Arbeitsplätze in der staatlichen Industrie nur an Günstlinge des Regimes vergeben wurden. Die Polizei knüppelte die Proteste zusammen, 33 Bergarbeiter wurden wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

„Alle oppositionellen Gruppierungen werden von der politischen Polizei verfolgt und an ihrer Arbeit gehindert“, beklagt sich die oppositionelle Journalistin und Menschenrechtlerin Sihem Bensedrine. Die Betreiberin eines oppositionellen Radiosender per Satellit lebt im österreichischen Graz im Exil. „Erst vor zwei Wochen wurde der Vorstand der tunesischen Journalistengewerkschaft ausgewechselt. Vergangenen Juni wurde ein Student zu acht Monaten Haft verurteilt, weil er Unliebsames auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte“, nennt sie nur zwei Beispiele für die fehlende Meinungsfreiheit in Tunesien. „Der Zivilgesellschaft wurden alle Möglichkeiten für einen friedlichen Wandel genommen“, erklärt Bensedrine.

Was bisher geschah: