© 2009 Reiner Wandler

Mit dem Schrecken davongekommen

José Sócrates darf sich freuen. Mitten in der Wirtschaftskrise gelang dem portugiesischen Regierungschef die Wiederwahl. Allerdings verlor seine Sozialistische Partei (PS) die absolute Mehrheit. Laut vorläufigem Ergebnis – noch fehlen die vier Parlamentssitze, die von den Portugiesen im Ausland gewählt werden – erzielte die PS mit 36,5 Prozent der Stimmen 96 der 230 Abgeordneten der portugiesischen Volksvertretung. Die Herausfordererin Manuela Ferreira Leite von der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD) konnte nur 29,1 Prozent und damit 78 Abgeordnete gewinnen. Das Rechtsbündnis CDS/PP erhielt 10,5 Prozent, der Linksblock (BE) 9,9 Prozent und die kommunistisch, grüne Wahlkoalition CDU 7,9 Prozent.

„Das ist der Sieg der Reformen, der Modernisierung und der sozialen Gerechtigkeit“, jubelte Sócrates bei seiner Ansprache am Wahlabend. Während Ferreira Leite gegen „die Verschwendungssucht“ wetterte und Ausgabensenkung sowie weniger Steuern propagierte, versprach Sócrates im Wahlkampf weitere Stimuluspakete zusätzlich zu den bisher 2,2 Milliarden Euro. Außerdem verteidigte er die Anhebung des Kindergeldes und des Mindestlohns. Auch an die beiden Großprojekte, dem Ausbau des Flughafens in Lissabon und dem Anschluss des Landes an das europäische Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes via Spanien will er trotz leerer Kassen festhalten. Portugal, das seit Jahren immer wieder die Maastrichter Kriterien für die gemeinsame europäische Währung verfehlt, weißt derzeit ein Haushaltsdefizit von über sechs Prozent aus. Das ist doppelt so hoch wie erlaubt. Sócrates wird auch weiterhin gegen die sich verschärfende Krise kämpfen müssen. Das Wirtschaftswachstum beträgt im ärmsten Land Westeuropas 2009 minus 3,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit ist mit 9,1 Prozent, so hoch wie seit 1987 nicht mehr. Eine Erholung der Situation ist nicht in Sicht.

„Absolute Verhandlungen“, titelte die Tageszeitung Jornal de Notícias gestern und prophezeite für den Wahlsieger Sócrates eine schwierige Legislaturperiode. Sócrates muss eine Mehrheit suchen. Eine große Koalition, wie sie so mancher Kommentator angesichts der Krise, die Portugal durchlebt, gerne sehen würde, gilt als unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich sind die beiden Spitzenkandidaten von PS und PSD.

Bleiben zwei Möglichkeiten. Entweder Sócrates regiert in Minderheit mit abwechselnden Bündnissen in Sachfragen oder er wirbt um eine dauerhafte Koalition mit einer der beiden kleineren linken Parteien. Allen voran bietet sich der Linksblock (BE) als Mehrheitsbeschaffer an. Die 1999 aus mehreren maoistischen und trotzkistischen Gruppierungen entstandene Partei erzielte 9,9 Prozent und damit 16 Abgeordnete. Auch die CDU, einem Bündnis aus Kommunisten und Grünen, böten sich mit ihren 15 Abgeordneten (7,9 Prozent) an.

Doch ein solches Linksbündnis wird nicht leicht zu schmieden sein. Sócrates sei arrogant, beschwerten sich Block und CDU noch am Wahlabend. Mit seinen Modernisierungsmaßnahmen in Verwaltung und Schulsystem brachte der Regierungschef die Gewerkschaften gegen sich auf. Die linken Parteien unterstützten sie und warfen Sócrates immer wieder „rechte Politik“ vor./Foto: Wikimedia Commons

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