© 2009 Reiner Wandler

Des Königs neue Kleider

Marokkos politische Landschaft formiert sich neu. Bei den Kommunalwahlen am vergangenen Freitag gewann die erst vor zehn Monaten ins Leben gerufene Partei für Authentizität und Modernität (PAM) mit 18,7 Prozent der Stimmen. Sie ließ damit die traditionellen Formationen wie die Unabhängigkeitspartei Istiqlal (16,6 Prozent) von Ministerpräsident El Fassi, die konservative Nationale Gruppierung der Unabhängigen (RNI – 13 Prozent) und die Sozialistische Union der Volkskräfte (USFP – 10,8 Prozent) weit hinter sich. Der große Verlierer des Urnengangs, bei dem 27.795 Volksvertreter in 1.503 Gemeinden gewählt wurden, sind die Islamisten der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD). Sie erzielten nur 7,5 Prozent. Zwar kandidierten sie nur in den großen Städten, dennoch scheint damit ihr ständiger Zuwachs in den vergangenen Jahren gestoppt. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,4 Prozent. Dies wurde vom Innenministerium als Erfolg gefeiert, denn bei dem Parlamentswahlen 2007 fanden nur 37 Prozent den Weg an die Urnen. Erstmals werden in Marokkos Gemeinderäten dank einer gesetzlichen Quote 12 Prozent Frauen vertreten sein.

El Himma: Der Mann des Königs beim Wahlkampf 2007 in Marrakesch

„Partei des Königs“ nennen die Marokkaner die siegreiche PAM. Gründer und Vorsitzender der Partei ist Fouad Ali El Himma, ein enger Freund und ehemaliger Schulkamerad von König Mohamed VI.. Diesem diente der 46-Jährige als Kabinettschef und später als starker Mann für innere Sicherheit. „Vizekönig“ taufte die Presse die rechte Hand von Mohamed VI..

Im Spätsommer 2007 trat El Himma dann überraschend von seinen Ämtern zurück und ließ sich als Unabhängiger ins marokkanische Parlament wählen. Seither reißen die Gerüchte nicht ab, denen zu Folge Mohamed VI. Großes mit seinem Schulfreund vor hat. Dies scheint sich jetzt zu bestätigen.

Dank des Ergebnisses der Kommunalwahlen wurde El Himma über Nacht zur zentralen Figur in der marokkanischen Politik. Im Parlament verfügt seine PAM über eine 46 Abgeordneten starke Fraktion, und das obwohl es die Partei bei den letzten Wahlen 2007 noch gar nicht gab. Die PAM-Fraktion setzt sich vielmehr aus Überläufern anderer Parlamentsfraktionen zusammen. Dies ist nach marokkanischen Recht eigentlich gar nicht erlaubt. So lange jemand ein gewähltes Amt inne hat, darf er nicht die Partei wechseln. Doch die Gerichte schmetterten eine entsprechende Klage des Innenministeriums gegen El Himmas PAM ab. Die PAM trat daraufhin im 29. Mai aus der Regierungskoalition aus. El Himma befindet sich jetzt zusammen mit den Islamisten der PJD in der Opposition. Während des Wahlkampfes kritisierte er die Regierung in Rabat immer wieder als „alte Herren“.

Doch auch unter El Himmas 17.000 Kandidaten für die Kommunalwahlen finden sich nicht nur neue Gesichter. Neben jungen qualifizierten Marokkanern, die El Himmas Versprechen, die Politik des Landes zu erneuern, attraktiv finden, zieht die PAM vor allem im ländlichen Marokko auch die alt eingesessenen Provinzfürsten und Oligarchen an. Diese kontrollieren normalerweise das Stimmverhalten der Bewohner. Das Ergebnis zeigt, dass die Rechnung für El Himma aufging.

Was bisher geschah: