© 2009 Reiner Wandler

Gefährliches Südeuropa

Südeuropa bereitet Brüssel Kopfschmerzen. Griechenland, Italien, Portugal und Spanien müssen – in dieser Reihenfolge – überdurchschnittlich hohe Zinsen für Staatsanleihen bezahlen, um das Risiko der Investoren abzufedern. Hinter vorgehaltener Hand macht das Wort Staatsbankrott in Wirtschaftskreisen die Runde. Denn die Südeuropäer laufen Gefahr, dass die Käufer die Pfandbriefe nicht mehr wollen. Dies würde unweigerlich zu einer staatlichen Liquiditätskrise im betroffenen Land führen.

Am härtesten trifft die Krise Spanien. Das Land steckt nicht etwa tiefer in Problemen als seine Nachbarn, es ist aber von weiter oben abgestürzt. Zur internationalen Krise kommt eine hausgemachte. Nirgends boomte die Baubranche in den letzten zehn Jahren so wie in Spanien. Jetzt ist die Spekulationsblase geplatzt. Die Arbeitslosigkeit wächst schneller als in der restlichen EU. Mehr als 3,3 Millionen Menschen (14 Prozent) sind bereits ohne Job. Zum Jahresende dürften es vier Millionen sein und Ende 2010 gar fünf Millionen.

Die Baukrise zieht andere mit in den Abgrund. Im Hotel- und Gaststättengewerbe bleiben die Kunden aus. Und in der Automobilindustrie, Spaniens größtem industriellen Arbeitgeber, ging die Produktion 2008 um 12 Prozent zurück. Im Januar diesen Jahres waren es gar 53 Prozent. Und das trotz staatlicher Hilfe beim Kauf eines Neuwagens.

Diverse Konjunkturprogramm und staatliche Investitionsvorhaben von rund 335 Milliarden Euro sollen Arbeitsplätze schaffen und Spaniens Wirtschaft modernisieren. Es ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn jetzt droht auch noch das Bankensystem mit in den Abwärtsstrudel gerissen zu werden. Im Januar zahlten 3,8 Prozent ihre Kredite nicht mehr zurück. Zum Jahresende könnten es schon 7 bis 9 Prozent sein. Dies würde dann die Rücklagen der Banken und Sparkassen für solche Fälle sprengen. Es werden Rufe nach einer staatlichen Bank für schlechte Hypotheken laut, und das obwohl die Regierung bereits Ende vergangenen Jahres Bürgschaftsübernahmen sowie ein Programm zur Liquiditätsverbesserung von insgesamt 150 Milliarden Euro verabschiedete. „Die Perspektive Spaniens ist angsteinflößend“, erklärt der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman jüngst in Madrid.

Anders als der spanische Sozialist José Luis Rodríguez Zapatero scheint Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi die Krise aussitzen zu wollen. Eine Staatsverschuldung, die das BIP des Landes übersteigt, lässt nur wenig Raum für Konjunkturprogramme. Gerade einmal 40 Milliarden Euro investiert Italien in Infrastrukturmaßnahmen. Hinzu kommt ein aus Unternehmenssteuern finanziertes 3,5 Milliarden-Euro-Programm um den Konsum anzukurbeln. Verschiedene Branchen – Automobil-, Stahl-, Textil- und Schuhindustrie – werden mit insgesamt 2 Milliarden Euro unterstützt. Unter anderem wird mit diesem Geld eine Verschrottungsprämie beim Kauf eines Neuwagens finanziert. Das Bankensystem wird mit 20 Milliarden abgesichert. Experten werfen Berlusconi vor, nicht genug zu tun. Anstatt die Krise als Chance zu begreifen, um die Wirtschaft umzubauen, halte er an alten Strukturen fest. Dies dürfte sich rächen, sobald die anderen Länder die Krise überwinden.

Der östliche Nachbar Griechenland steht kurz vor dem totalen Crash. Die griechische Staatsverschuldung liegt nur noch knapp unter dem BIP. Seit dem Beitritt zum Euro hat Athen nur einmal den Maastrichter Stabilitätspakt erfüllt. Und es geht weiter bergab. Immer weniger Touristen kommen ins Land. Und auch die griechischen Handelsflotte – weltweit die größte – leidet unter der Krise.

Wirksame Konjunkturprogramme sind von der konservativen Regierung unter Kostas Karamanlis kaum zu erwarten. Er ließ einen Haushalt verabschieden, der mit einem Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent für 2009 rechnet. Die EU-Kommission geht von nur 0,2 Prozent aus. Alleine das Haushaltsdefizit und die Staatsschulden werden 2009 43 Milliarden Euro verschlingen. Frisches Geld wird immer teurer. Kein Land der EU hat eine so schlechte Kreditwürdigkeit wie die Griechen. Die Zinsen für fünfjährige Staatsanleihen liegen derzeit bei 5,5 Prozent. Das ist mehr als doppelt soviel wie in Deutschland. Standard&Poors, die die Kreditwürdigkeit der Länder einstuft, vermisst einen „glaubwürdigen Weg zur Konsolidierung“.

Was bisher geschah: