© 2009 Reiner Wandler

Ausgebremst


„Die Branche ist auf der Intensivstation“, erklärt Javier Anta, der Vorsitzende der Vereinigung der Photovoltaik-Industrie in Spanien (ASIF) besorgt. Er beklagt den Verlust von 15.000 Arbeitsplätze. Weitere könnten folgen, wenn die Regierung nicht schnell handle. Die Worte verblüffen angesichts des enormen Zuwachses im Jahr 2008. 2.660 MW, fast die Hälfte aller neuen Sonnenpanels weltweit, wurden im vergangenen Jahr in Spanien aufgestellt. Blickte Spanien Ende 2007 auf eine Gesamtkapazität von 634 MW, sind es jetzt mindestens 3.300 MW. Was aussieht wie ein Grund zum feiern, ist die Ursache des Problems. „Alles andere als nachhaltig“ sei diese Entwicklung, urteilt das Industrieministerium und zieht die Bremse. Denn eigentlich sah die spanische Regierung bis 2010 nur eine Gesamtkapazität von gerade einmal 1.200 MW vor.

Als Industrieminister Miguel Sebastián vergangenen Sommer beschloss, den gesetzlichen Rahmen zu ändern, um das Wachstum zu drosseln, ging der Boom erst richtig los. Es war ein regelrechtes Rennen gegen die Zeit. Wer bis zum 29. September 2008 ans Netz ging, erhielt noch einen alten Tarif von bis zu 45 Cent pro kWh. Wer zu spät kam, muss sich mit den Vergütungen aus dem neuen Dekret begnügen. Diese Bestimmung sieht nur noch 32 Cent/kWh für Bodeninstallationen und zwischen 32 und 34 Cent/kWh für Anlagen auf Dächern vor. Lizenzen gibt es für 500 MW pro Jahr. Hinzu kommen zusätzliche 100 MW 2009 und 60 MW 2010 für Bodeninstallationen. Damit sollen die Anlagen aufgefangen werden, die 2008 nicht mehr unter das alte Dekret fielen und seither auf eine Betriebsgenehmigung warten.

„In Zukunft müssen wir lernen nachhaltig zu wachsen“, stimmt selbst Anta zu. Doch was er nicht verstehen kann, sind „die Verzögerungen bei der Umstellung auf den neuen gesetzlichen Rahmen“. Eigentlich sollten die Lizenzen für das erste Quartal 2009 bis spätestens Mitte Januar vergeben sein. Tatsächlich war es erst am 19. Februar soweit. Der Run auf die wenigen Lizenzen sei viel zu groß, entschuldigt sich das Industrieministerium.

Die Verzögerung trifft viele Betriebe sehr hart. Die Aufträge bleiben aus. So mancher Konstrukteur und Panel-Fabrikant zieht den Jahresurlaub vor, verkürzt die Arbeitszeiten – ohne Lohnausgleich versteht sich – oder meldet gleich Kurzarbeit an.

ASIF befürchtet gar, dass die Krise bei Bodeninstallationen bis Ende 2010 dauern könnte. Denn die Lizenzen der nächsten beiden Jahre werden, so die Berechnungen der Vereinigung, wahrscheinlich vollständig an Betreiber gehen, die ihre Einrichtungen bereits fertig gebaut, aber den 29. September verpasst haben.

Professor Antonio Luque, der Chef des Institutes für Solarenergie an der Politechnischen Universität in Madrid, versteht die Politik des Industrieministeriums nicht. „Mehr als 2.000 installierte MW in einem Jahr, das ist eigentlich eine sehr gute Nachricht“, erklärt er. „Das zeigt doch, dass wir nicht nur in Spanien sondern weltweit über ein sehr gutes industrielles Potential verfügen.“ Für Luque spielt die Solarenergie eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht die Vorgaben der Europäischen Union für Erneuerbare Energien zu erreichen.

Für Luque sind es genau die Großanlagen, die in den letzten Jahren überall im Lande entstanden, die dazu beigetragen haben, dass die Solarenergie in absehbarer Zeit in Spanien auch ohne Sondervergütungen wettbewerbsfähig sein wird. Er glaubt, dass dies 2015 eintreten könnte. „Doch die Beschränkung des Marktes gefährdet dies“, mahnt Luque.

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