© 2009 Reiner Wandler

Verhaltener Optimismus


„Noch nie war unser Land ganz vorn mit dabei, wenn es um eine industrielle Entwicklung ging“, erklärt José Donoso, Präsident des spanischen Unternehmerverbandes für Windenergie (AEE). Noch nie, bis eben jetzt. Die Daten können sich sehen lassen. Ende 2008 waren 16.740 MW Windkraft installiert. Spanien ist damit nach Deutschland Nummer zwei in Europa. 16,4 Prozent des spanischen Strombedarfs werden mittlerweile mit Windturbinen erzeugt. Die Windindustrie beschäftigt direkt und indirekt 37.730 Arbeitskräfte und erwirtschaftet 0,35 Prozent des spanischen BIP und liegt damit deutlich vor Wirtschaftszweigen wie der Leder- und Schuhindustrie (0,16 Prozent) oder dem Fischfang (0,18 Prozent).

Doch trotz der guten Bilanz, macht sich auch in Spanien die Sorge angesichts der Finanzkrise breit. „Wir sind ein sehr kapitalintensiver Wirtschaftszweig“, weiß Donoso. Die fehlende Liquidität auf dem Finanzmarkt sei deshalb eines der größten Probleme für die unmittelbare Zukunft der Windindustrie. Donoso hofft, dass die staatlichen Hilfen an die Banken tatsächlich auf dem Kreditmarkt ankommen. Zwar sieht er für 2009 keine Probleme, da „bereits alles vorfinanziert“ sei, aber er will nicht ausschließen, dass sich die Finanzkrise mittelfristig auswirke. Er hofft darauf, Investoren aus dem zusammengebrochenen Immobiliengeschäft anzuziehen. Denn die Erneuerbaren Energien mit ihren Einspeisevergütungen sei eine sichere Alternative. „Deshalb ist sicher zukünftig leichter für einen guten Windpark einen Kredit zu bekommen, als für den Bau von Wohnungen“, erklärt Donoso.

Doch was ist ein guter Windpark? In Galicien, im spanischen Nordwesten, zeigt sich, wie es um das Geschäft mit den Windturbinen tatsächlich bestellt ist. Ein Plan von 2007 sieht die Installation von 2.325 MW vor. Die Ausschreibungen stießen auf regen Zuspruch. Doch jetzt, wo die Autonomieregierung eine erste Bilanz zieht, weiß so manches Unternehmen, das einen Zuschlag erhalten haben, nicht mehr, wie es das Projekt bezahlen soll. Die Banken sind vorsichtiger geworden. Finanzierten sie bisher 80 Prozent eines Windparks, werden es künftig nur noch 70 Prozent sein.

Die Großen im Geschäft geben sich dennoch optimistisch. „Wir sind ein starkes Unternehmen und werden deshalb sicherlich weiter wachsen“, ist sich Angeles Santamaría, vom weltweiten Marktführer Iberdrola Renovables sicher. Das Unternehmen verfügt über 8.960 MW installierter Windkapazität – 4.526 MW alleine in Spanien. Die Investoren scheinen allerdings weniger optimistisch. Seit Iberdrola Renovables vor etwas mehr als einem Jahr an die Börse ging, hat die Aktie rund 50 Prozent ihres Wertes verloren.

Auch der Iberdrola-Partner, Turbinenhersteller Gamesa, hat zu kämpfen. Der Wert des Unternehmens, das in 13 Ländern vertreten ist, sank seit Juni 2008 um mehr als die Hälfte. Ein von Gamesa für das Jahresende 2008 verordneter „technischer Produktionstopp“ von sieben Tagen, schafft in der schwierigen Finanzlage nicht gerade Vertrauen.

Auch Acciona, mit einer weltweite Gesamtkapazität von 5.577 MW, hat Probleme. Der Schulden geplagte Konzern könnte in den nächsten Monaten seinen 25 prozentigen Anteil bei spanischen Stromversorger Endesa an Enel verlieren. Laut spanischer Presse soll der italienische Energiekonzern, der bereits 67 Prozent bei Endesa hält, planen, das Endesa-Windgeschäft in eine eigene Filiale zu überführen. Acciona könnte damit einen wichtigen Kunden verlieren.

„Change we can believe in“, lautet die Hoffnung in Spaniens Windbranche. „Obamas Wahlsieg eröffnet ganz neue Perspektiven“, ist sich Iberdrola-Frau Santamaría sicher. Bereits heute ist jede vierte Windturbine in den USA made in Spain. Während der Vorwahlkampagne besuchte Barack Obama eines der vier Gamesa-Werk in Pennsylvania.

Was bisher geschah: