© 2008 Reiner Wandler

Licht ins Dunkel der Diktatur

 

Symbol der Diktatur: Valle de los Caidos bei Madrid

Nachdem sich der Madrider Richter Baltasar Garzón mit dem Fall des chilenischen Diktators August Pinochet einen internationalen Namen gemacht hat, traut er sich jetzt an die spanische Geschichte heran. Der Starermittler am obersten, spanischen Strafgerichtshof, der Audiencia Nacional, gab am Montag bekannt, die Fälle der während des spanischen Bürgerkrieges (1936-1939) und in den Nachkriegsjahren Verschwunden untersuchen zu wollen.

Als erster Schritt verlangt Garzón Einblick in Kirchen- und Kommunalarchive, um die überall in Spanien bestehenden Massengräber, in denen standesrechtlich erschossene Linke und Gewerkschafter von den Truppen des Putschistengenerals Francisco Franco verscharrt wurden, ausfindig zu machen. Garzón fordert besonders das Justiz- und das Kulturministerium, sowie die Bischofskonferenz und die Rathäuser von Granada, Cordoba, Sevilla und Madrid auf, ihm umgehend alle Informationen zur Verfügung zu stellen.

In den Jahren des Bürgerkrieges fielen Zehntausende derer, die die verfassungsmäßige Ordnung verteidigten, den Säuberungen der Faschisten zum Opfer. In einem ersten Schritt will Garzón überprüfen, ob es überhaupt Material genug gibt, um eine förmliches Verfahren zu eröffnen. 13 Organisationen, die sich seit Jahren mit der Suche nach Verschwunden beschäftigen, hatten bei Gericht einen entsprechenden Antrag gestellt. Nach deren Angaben beläuft sich die Zahl der Verschwundenen auf mindestens 90.000 Menschen. Manche Geschichtswissenschaftler sprechen gar von 180.000. Es ist das erste Mal seit dem Tod des Diktators Franco 1975, das eine solch breite Ermittlung aufgenommen wird.

Der Vorsitzende der Vereinigung zur Wiedererlangung der historischen Erinnerung (ARMH), Emilio Silva, begrüßt diese „historische Entscheidung“. Silva ist einer der Pioniere in Sachen Verschwundene. 2000 machte er sich auf die Suche nach dem Massengrab, in dem sein Großvater begraben lag. Dies löste eine Welle ähnlicher Suchaktionen überall im Lande aus. Seine ARMH erreichte, dass im vergangenen Jahr ein Gesetz zum Historischen Gedenken verabschiedet wurde. Garzón beruft sich auf dieses Werk. „Jetzt kommt endlich ein Richter und sagt der Regierung, dass sie alle Informationen herausgeben muss. Es ist wie ein Traum“, freut sich Silva.

Es wurden allerdings auch kritische Stimmen laut. Die Staatsanwaltschaft erklärte bereits vor einigen Monaten, dass die Verbrechen aus der Zeit des Krieges und der Diktatur unter die 1977, zwei Jahre nach dem Tod Francos, erlassenen Amnestie fallen. Dort werden ausdrücklich „alle Handlungen mit politischem Hintergrund“ erwähnt, die vor dem 15. Dezember 1976 verübt wurden, „egal welche Folgen sie hatten“.

Was bisher geschah: