© 2008 Reiner Wandler

Hurra, es regnet wieder!


Nach der Jahrhundertdürre vermeldet die nordostspanische Region Katalonien jetzt den verregnetsten Mai seit langem. Die Wasservorräte liegen bereits wieder bei 44 Prozent des Fassungsvermögens der unzähligen Stauseen in Katalonien. Und es soll noch mindestens bis Anfang nächster Woche weiterregnen. Der Region rund um die Metropole Barcelona tun die Niederschläge gut. Denn vor nicht einmal einem Monat waren die Stauseen auf unter 25 Prozent ihrer Kapazität gesunken, soweit wie sonst nirgends in Spanien. Die Alarmglocken schrillten. Die Wasserversorgung der Millionenstadt Barcelona war nicht mehr gesichert. Zisternenschiffe wurden eiligst geheuert, um Wasser aus einer Entsalzungsanlage in Südspanien nach Katalonien zu schippern. Bis August soll das so weitergehen. Nicht etwa, weil das begehrte Nass noch gebraucht wird, sondern weil die Verträge unterschrieben sind. Und ein überstürzter Ausstieg nicht möglich ist.

Auch ein weiteres Dringlichkeitsprojekt steht auf der Kippe. Trotz Protesten der Nachbarregion Aragonien, genehmigte Madrid eine Pipeline, um Wasser vom Ebro nach Barcelona zu pumpen. Auch wenn die Generalitat gerne am Projekt festhalten würde, um für die Zukunft gewappnet zu sein, wird Madrid die Genehmigung wohl widerrufen. Zu stark ist der Druck aus Aragonien, wo der größte spanische Fluss, der Ebro, hauptsächlich verläuft. Die dortige Autonomieregierung in Zaragoza hat gar mit einer Klage gedroht, sollte das 62 Kilometer lange Röhrenprojekt weiter verfolgt werden.

Ordentliche Argumente für den Bau hat die Regierung in Barcelona tatsächlich nicht. Bereits als die Stauseen auf über 30 Prozent ihrer Kapazität gestiegen waren, wurden unzählige Beschränkungen für den Wasserkonsum aufgehoben. So dürfen die Besitzer eines Swimmingpools diesen wieder füllen und den Garten rund herum nach Herzenslust gießen. Bei so viel Verschwendung vesteht keiner, warum ausgerechnet die Duschen an den Stränden von Barcelona den ganzen Sommer über trocken bleiben sollen. Sie verbrauchen weit weniger Wasser als die Villen in den Luxusvororten und kommen der Allgemeinheit zu gute.

Auch in den anderen spanischen Regionen regnet es erfreulich viel. Die Stauseen füllen sich. Umweltschützer jedoch warnen vor einem allzu sorgenlosen Wasserkonsum. Denn die Erderwärmung verspricht immer längere Trockenperioden. Was jetzt aus den Wolken kommt, sind die ersten ausgiebigen Regenfälle seit fünf Jahren.

Spanien hat ein strukturelles Problem. Geht es um den Wasserverbrauch, ist Spanien ein Land der Rekorde. Ein Blick in die Statistik der European Water Association zeigt: Niemand in Europa verbraucht so viel Trinkwasser wie die Iberer. Mit 265 Liter pro Kopf und Tag schlagen die Spanier alle. Im Vergleich dazu verbrauchen die Deutschen nur 127 Liter. Die Wasserpolitik Spaniens ist – egal ob unter der Franco-Diktatur oder mit einer demokratische Regierungen egal welcher Couleur – seit Jahrzehnten die selbe. Immer neue Resourcen werden erschlossen. Wassersparen ist ein Fremdwort.

1.200 Stauseen, die auch den letzten Tropfen daran hindern ins Meer zu gelangen, sind das Herzstück des spanischen Wassersystems. Das Land auf der iberischen Halbinsel ist damit Nummer 4 weltweit. Ein weit verzweigtes Netz aus Kanälen und Rohrleitungen bringt das kühle Nass vom wasserreichen Norden in den trockenen Süden. 80 Prozent des Wassers gehen in die Landwirtschaft. Nur 14 Prozent in den menschlichen Konsum und 6 Prozent in die Industrie. Ein immer größerer Teil des menschlichen Bedarfs entsteht durch den Tourismus. Bettenburgen an der Küste und unzählige Golfplätze verlangen nach immer mehr Wasser.

Zur legalen Infrastruktur kommen 500.000 Brunnen, die überall im Lande von den Bauern illegal geschlagen wurden. Damit erfolgt 45 Prozent der Grundwasserförderung ohne Lizenz. Die Folgen dieses Treibens sind verheerend. Ganze Landstriche trocknen regelrecht aus. 150 Kilometer des Oberlaufes des Guadianas, einem Fluss in Zentralspanien, ist seit 1984 versiegt. Die Bauern haben mit ihren Bohrungen den Grundwasserspiegel um 40 Meter abgesenkt. Anderen großen Flüssen geht es nicht viel besser. Der Mittellauf des Tajos oder des Jugars trocknen Sommer für Sommer auf großen Strecken aus.

Was bisher geschah: