© 2008 Reiner Wandler

Zapateros neue Kleider


Spaniens alter und neuer Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero wurde nicht müde die Schlagzeilen gleich selbst mitzuliefern, als er sein neues Kabinett vorstellte. „Mehr Frauen als Männer“ – „Erstmals ein Gleichberechtigungsministerium“ – „Eine Frau als Verteidigungsministerin“ … „und sie wird bald schon in Mutterschaftsurlaub gehen“, wiederholte Zapatero gleich mehrmals live im Fernsehen, nachdem er am Samstag vor König Juan Carlos I. seinen Amtseid geschworen hatte. Viele der MinisterInnen wussten von ihrer Ernennung seit mehreren Wochen, doch bis Freitagabend sickerte nichts an die Presse durch. Die Überraschung war gelungen.

Am Längsten wusste Carme Chacón von ihrem neuen Job im Verteidigungsministerium. Die 37-jährige, bisherige Wohnungsministerin, die im Frühsommer eine Kind erwartet, wurde damit für ihr gutes Abschneiden als Nummer 1 in Katalonien bei den Wahlen am 9. März belohnt. Im Verteidigungsministerium wird die Frau aus Barcelona jetzt vor der Aufgabe stehen, zu entscheiden, wie Spanien sich künftig bei internationalen Missionen verhält. Immer mehr Stimmen verlangen einen Abzug der Soldaten aus Afghanistan. Ob die gerne als Öko-Pazifistin bezeichnete Chacón dem nachgibt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Einen wichtigen Wechsel gibt es auch im Industrieministerium. Dort zieht mit dem Wirtschaftswissenschaftler Miguel Sebastián ein enger Vertrauter Zapateros ein. Zusammen mit dem neu gegründeten Innovationsministerium unter der baskischen Biomedizinerin Cristina Garmendia soll der Neoliberale den industriellen Wandel Spaniens „weg von der Bauindustrie“ leiten. Dem Innovationsministerium untersteht die Forschung und die Hochschulbildung.

Doch im Großen und Ganzen setzt Zapatero auf Kontinuität: Seine starke rechte Hand bleibt weiterhin Vizepräsidenten María Teresa de la Vega, Pedro Solbes ist weiterhin zweiter Vizepräsident und Finanzminister. Miguel Angel Moratinos steht auch künftig dem Außenminister vor, Alfredo Pérez Rubalcaba bleibt im Innenministerium. Auch das Ministerium für Öffentliche Arbeiten und Justiz wird nicht umbesetzt, und das obwohl nach den Pannen beim Bau der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Madrid-Barcelona und nach mehreren Justizskandalen der Ruf danach unüberhörbar war.

Kaum bekannt gegeben ruft die neue Regierungszusammensetzung Proteste auf den Plan. Denn Zapatero hat das Umweltministerium aufgelöst und es mit Landwirtschaft und Fischfang zusammengelegt, um „die Ressourcen zu verwalten“ und die „Folgen des Klimawandels zu bekämpfen“. Chefin des neuen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Meer wird die bisherige Landwirtschaftsministerin Elena Espinosa. Dass ausgerechnet die Landwirtschaft mit ihren illegalen Brunnen nicht unerheblich an der Verwüstung ganzer Landstriche schuld ist, scheint die Entscheidung nicht beeinflusst zu haben. Die bisherige Umweltministerin, Cristina Narbona, die unter anderem die Wasserverschwendung in der Landwirtschaft immer wieder beklagte, gehört der neuen Regierung nicht mehr an. „Ausgerechnet jetzt, wo der Umweltschutz in einer katastrophalen Lage ist und oberste Priorität haben sollte … das ist ein schwerer Fehler“, erklärt Greenpeace-Direktor Juan López Uralde enttäuscht. Unter Narbona waren die spanischen Umweltorganisationen erstmals eng an das Ministerium angebunden.

Das Bildungsministerium ereilte ein ähnliches Schicksal. Es wurde mit dem Sozialministerium zusammengelegt. „Wir haben ein schweres Qualitätsproblem in der Schulbildung, da braucht es eigentlich ein starkes Bildungsministerium“, beschwert sich der Sprecher der Gewerkschaft CCOO, Fernando Lezcano.

Was bisher geschah: