© 2008 Reiner Wandler

Dunkle Schatten über Spanien


Mit Wirtschaftsdaten lässt sich alles belegen, vor allem wenn Wahlkampf ist. Kaum war das Jahr 2007 um, gab der sozialistische Regierungschef José Luis Zapatero, der sich am 9. Mai zur Wiederwahl stellt, das Wirtschaftswachstum bekannt. „Stark und sicher“, jubelte er angesichts der von der Spanischen Zentralbank errechneten 3,8 Prozent. Doch es verging keine Woche, da holte die konservative Opposition zum Gegenschlag aus – auch sie mit harten Zahlen: Nirgends in der EU lag die Inflation 2007 so hoch wie in Spanien und nirgends stieg die Arbeitslosigkeit so sehr. Als wäre das noch nicht genug bricht die Börse ein. Auch hier handelt es sich um einen Europarekord. Trotz optimistischer Haltung der Regierung legt sich der Schatten der Krise deutlich über das Land.

Sollte sich die Prognose für das Wirtschaftswachstum der Spanischen Zentralbank bestätigen, wäre 2007 eines der drei Spitzenjahre im letzten Jahrzehnt. Vor allem der Bauboom schwemmte Geld in die Kassen. Doch dort wo gearbeitet wird, kommt nur wenig davon an. Die Inflationsrate von 4,4 Prozent ist die höchste seit 14 Jahren. Wer die Menschen fragt, bekommt gar zur Antwort, dass diese Preissteigerungsrate stark untertrieben sei. Der Eindruck ist richtig. Denn die unmittelbaren Gebrauchsgüter stiegen weit mehr. Die Milch legte 31 Prozent zu, Benzin und Diesel 16,2 Prozent, das Brot 14 Prozent, Eier, 9,6 Prozent, Gemüse 5,8 Prozent. Die Produkte des täglichen Gebrauchs machen ein Drittel der monatlichen Ausgaben einer Familie aus. Hinzukommen die ständig steigenden Zinsen für die Wohnungskredite. Die Gesamtschulden der Spanier sind so hoch wie das BIP.

Zu den Sorgen um die steigenden Ausgaben kommt die Angst vor der Arbeitslosigkeit. Die Zeiten der ständig zunehmenden Beschäftigungszahlen sind vorbei. Pünktlich zum Ende der Legislatur steigt die Arbeitslosigkeit. 8,6 Prozent der Spanier sind ohne Arbeit. Das ist mit Ausnahme der Slowakei die höchste Ziffer in Europa. Noch vor einem Jahr stand Spanien mit 8,2 Prozent besser da als Deutschland, Griechenland, Frankreich oder Polen. Doch während dort Arbeitsplätze entstanden, wurden sie in Spanien vernichtet.

Die Entwicklung, die im letzten Quartal 2007 einsetzte, steht erst am Anfang. Das zeigen die Zahlen des ersten Monats diesen Jahres. 132.378 Personen verloren ihre Arbeit alleine im Januar. Noch nie seit der Rückkehr Spaniens zur Demokratie 1975 stieg die Arbeitslosigkeit so schnell. Auch Freiberufler sind von der Krise betroffen, wie eine andere Zahl zeigt. 211.979 Menschen haben zum Jahresbeginn aufgehört, in die Sozialversicherung einzuzahlen.

Betroffen ist vor allem der Bausektor. Die Spekulationsblase ist geplatzt. Die Wohnungspreise, die in den letzten zehn Jahren unaufhörlich stiegen, beginnen zu sinken. Es wird kaum noch gebaut. Viele der in den letzten Jahren eröffneten 90.000 Maklerbüros – eines pro 500 Einwohner – schließen ihre Türen.

Der sozialistische Arbeitsminister Jesús Caldera beschwichtigt. Er will die arbeitslosen Bauarbeiter im Dienstleistungsgewerbe unterbringen. Nur wenige schenken ihm Glauben. In einer Umfrage der Gratiszeitung Qué! erklärten 48 Prozent der Befragten, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu haben. Und das vom Öffentlichen Kreditinstitut gemessene Vertrauensindex der Verbraucher erreichte im Januar ein historisches Tief.

Was bisher geschah: