© 2008 Reiner Wandler

Balkanische Kopfschmerzen

Es kommt selten vor, dass sich Spaniens sozialistische Regierung und die konservative Opposition einig sind. Die Frage der Anerkennung des unabhängigen Kosovo ist so ein Fall. „Der einseitige Beschluss des kosovarischen Parlamentes“ vom Sonntag sei „illegal“, erklärte Spaniens Außenminister Miguel Angel Moratinos in Brüssel, anlässlich der Sondersitzung der EU. Die Anerkennungen der abgespaltenen serbischen Provinz durch die Großen der EU und die USA entbehre „der internationalen Legitimität, die Spanien immer verteidigt“, bekräftigte er. Die Opposition in Madrid stimmte dem zu.

Freilich liegt der Haltung Madrids nicht nur die Sorge um die internationalen Spielregeln zu Grunde. Regierung und Konservativen befürchte, dass das Kosovo als Präzedenzfall für die Nationalisten im eigenen Lande dienen könnte. Schließlich feiern diese ganz unverhohlen die Abspaltung der Albaner von Serbien. Die in Barcelona zusammen mit den Sozialisten von Spaniens Premier José Luis Rodríguez Zapatero und den Postkommunisten regierende radikalen Nationalisten der ERC ließen am Montag anlässlich einer Vorstandssitzung die Sektkorken knallen. Es sei jetzt möglich, dass „ein Land per Mehrheitsbeschluss und unter Aufsicht der EU unabhängig wird“, erklärte ein Sprecher der katalanischen Separatistenpartei. Das „Recht zu entscheiden“ habe sich durchgesetzt. Diese Formel benutzen die katalanischen und auch die baskischen Nationalisten, wenn es darum geht ihre eigenen Forderungen zu umschreiben, ohne das alarmierende Wort „Unabhängigkeit“ in den Mund zu nehmen.

Auch die gemäßigten, katalanischen Nationalisten der christlich- demokratisch orientierten CiU begrüßt den Fall Kosovo. Sie wollen im spanischen Parlament Druck machen, damit die Regierung den neuen Staat anerkennt. Außerdem haben sie eine Resolution eingebracht, die von der EU verlangen soll, „die entstandene neue politische Landkarte“ als Gesamt-Union zu unterstützen.

Auch im Baskenland zeigen sich die Nationalisten zufrieden. „Es möge als Präzedenzfall dienen“, schreibt die der bewaffneten Separatistenorganisation ETA nahe stehende Tageszeitung Gara. Die von den beiden gemäßigten Nationalisten-Formationen PNV und EA, sowie den Postkommunisten gebildete Autonomieregierung begrüßt den „demokratischen Weg zur Unabhängigkeit“. Der im Madrider Senat sitzende PNV-Politiker Iñaki Anasagasti empfiehlt ETA und Umfeld von „diesem Beispiel“ zu lernen. Die serbische Provinz habe „die Unabhängigkeit ohne einen einzigen Schuss und ohne Straßengewalt“ erreicht, erklärte er und musste sich fragen lassen, was denn dann die 14.000 Tote im Kosovo und die Vertreibung gewesen seien.

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