© 2007 Reiner Wandler

Urlaubsland ist abgebrannt

Der Sommer 2007 war vor allem in Griechenland ein Schreckenssommer. Wochenlang hielten die Waldbrände Europa in Atem. Bis Ende August fielen 269114 Hektaren Wald und Ackerland den Feuern zum Opfer. 110 Dörfer wurden zerstört. Über 60 Menschen verloren durch Flammen und Rauch ihr Leben. Doch «Griechenland ist nur die Spitze des Eisbergs», weiss Paulo Barbosa, Chef des Europäischen Informationssystems für Waldbrände.

2007 war für den gesamten europäischen Mittelmeerraum ein Katastrophenjahr. Insgesamt wurden bis zum 31. August 810056 Hektaren von den Flammen zerstört. Das ist 2,5 Mal so viel wie im Vorjahr in ganz Europa Waldbränden zum Opfer fiel. Erstmals stehen dabei nicht nur die klassischen Länder wie Portugal, Spanien, Italien, Frankreich und Griechenland ganz oben auf der Liste. «Dieses Jahr erfassten die Flammen auch Südosteuropa», erklärt Barbosa. Allen voran Albanien. Mit 111034 Hektaren abgebrannter Fläche liegt das kleine Land nach Griechenland (269114 Hektaren) und Italien (133933 Hektaren) auf Platz drei der traurigen Europa-Rangliste.

«In den letzten acht Jahren hatten wir vier ganz schlimme Jahre zu verzeichnen», berichtet Barbosa. 2000 brannte es überall sehr viel. 2003 und 2005 sorgte Portugal für Schlagzeilen und jetzt ist es Griechenland. Ob der Klimawandel an der zunehmenden Heftigkeit der Feuersbrünste schuld ist, dazu hat Barbosa noch keine endgültige Meinung. Doch eines sei klar. «Die klimatischen Phänomene wie extreme Trockenheit, Hitze und Stürme häufen sich.» Alle drei Faktoren fördern die Waldbrände. Deren Zahl bleibe in den letzten Jahren stabil. Doch die abgebrannten Flächen werden grösser. Mittlerweile werden alle vier bis fünf Jahre alleine im europäischen Mittelmeerraum Gebiete so gross wie ganz Belgien von den Flammen erfasst.

«Die Folgen sind verheerend», berichtet der spanische Wissenschaftler und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Bodenkonservierung , José Luis Rubio. «Wo es oft brennt, verlieren die Böden die gesamte Vegetation und damit jeglichen Halt», weiss er. Diese Gebiete sind dann der Erosion durch Wind und starke Regenfälle schutzlos ausgesetzt. Die Folge: Desertifikation. Nicht nur am Mittelmeer ist dieses Phänomen zu beobachten, sondern mittlerweile im gesamten spanischen Süden und Osten und selbst rund um die norditalienische Hafenstadt Genua sind ganze Landstriche verödet. «Die Waldbrände sind ein wichtiger Faktor für die durch den Menschen verursachte Wüstenbildung», sagt Rubio.

Die wirtschaftlichen Folgen lassen nicht auf sich warten. Die Landwirtschaft verliert Böden. Die Erosion lässt die Stauseen versanden. Die erodierten Böden können nur noch wenig Wasser aufnehmen. Infrastrukturen wie Strassen und Bahnschienen werden deshalb bei blitzartigen Regenfällen immer häufiger von den Fluten beschädigt und selbst Menschen verlieren dabei immer wieder ihr Leben.

«Die Waldbrände in der Ausbreitung, in der wir sie heute haben, sind ein Phänomen, das wir erst seit den 70er-Jahren kennen», berichtet Rubio. Das fällt zeitlich mit der aufblühenden Bauspekulation an der Mittelmeerküste zusammen. Brandstiftung ist neben unvorsichtigen Touristen, Bauern und Hirten einer der Hauptgründe dafür, dass Sommer für Sommer Brände ausbrechen. 95 Prozent der Brände gehen auf Eingriffe des Menschen in die Natur zurück. Auch in Griechenland ist jetzt wieder von der Baumafia die Rede. Zwar wird in Athen seit Jahren über ein mögliches Gesetz diskutiert, das der Spekulation mit abgebranntem Land einen Riegel schieben soll. Doch keine Regierung egal welcher Couleur hat bisher die Initiative ergriffen. Die Spekulation mit abgebranntem Land ist damit weiterhin an der Tagesordnung.

Vor allem an der Küste und rund um Athen, wo die Bodenpreise hoch sind, wird Bauland per Brandstiftung erschlossen. Einmal abgebrannt, kann jeder darauf bauen. Danach werden die Behörden bestochen, das Grundstück samt Häusern ins Register einzutragen. Die Vereinigung der Immobilienmakler in Athen empfiehlt deshalb ein Waldregister. Denn wenn dort ein Grundstück als Wald eingetragen wäre, so wäre es auch nach einem Brand weiterhin nicht als Bauland zu nutzen. In Italien und Spanien gibt es bereits Gesetze zum Schutz des Waldes. In Italien dürfen abgebrannte Flächen zehn Jahre lang nicht zu Bauland umgezont werden. Doch Wirkung zeigt dies bisher nur wenig. Denn die Umsetzung hängt von den Gemeinden ab. Und diese versäumen es oft ganz einfach, die Ländereien als Brandland ins Register einzutragen.

In Spanien ist seit vergangenem Jahr ein Gesetz in Kraft, das die Umzonung von abgebranntem Land zu Bau- oder Ackerland für 30 Jahre verbietet. Ob dieses Gesetz etwas bewirkt, wird sich erst noch zeigen müssen. Dieses Jahr brannte es in Spanien nur wenig. Doch dürfte dies kaum auf die neuen Bestimmungen zurückgehen. Der Rückgang der Brände in Spanien und auch im benachbarten Portugal hat vielmehr natürliche Ursachen. Diesen Sommer regnete es auf der iberischen Halbinsel überraschend viel.

Was bisher geschah: