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Finanzminister sieht keine Veruntreuung

Richter Pablo Llarena am Obersten Gerichtshof und der spanische Finanzminister Cristóbal Montoro haben sich in den Haaren. Der Grund: Der Ermittler beschuldigt den geflüchteten, ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont und weitere 13 unter anderem wegen „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ an. Sechs davon sitzen in U-Haft. Puigdemont und vier weitere haben sich ins Ausland abgesetzt. Llarena fordert deren Auslieferung, im Falle Puigdemont von Deutschland, wo er an Ostern festgenommen wurde.

Finanzminister Cristóbal Montoro. /Foto: LaMoncloa_gob_es

1,9 Millionen Euro sollen die Beschuldigten zweckentfremdet haben, um das verbotene Unabhängigkeitsreferendum am vergangenen 1. Oktober zu finanzieren. Doch Montoro widersprach dem in einem Interview am Montag in der Tageszeitung El Mundo: „Ich weiss nicht, wie der 1. Oktober finanziert wurde. Aber es war nicht mit öffentlichen Geldern.“ Llarena muss sich jetzt ernsthaft Sorgen machen. Er will Puigdemont wegen zweier Delikten. Das eine ist „Rebellion“. Und das wurde vom Oberlandesgericht in Schleswig als Auslieferungsgrund bereits abgelehnt. Mit Montoros Interview wird jetzt auch eine Auslieferung wegen Veruntreuung schwerer.

Die Reaktionen der in Spanien inhaftierten Mitglieder der Regierung Puigdemonts ließen nicht auf sich warten. „Es floss kein einziger Euro an öffentlichen Geldern in den Prozess“, erklärte Puigdemonts ehemaliger Vize, Oriol Junqueras gegenüber Llarena. „Prozess“ nennen die Separatisten ihren Fahrplan hin zur Unabhängigkeit. Junqueras war für die Zusammenarbeit mit Montoros spanischem Finanzministerium zuständig. Seit 2015 legte er Madrid, als Gegenleistung für eine Krisenhilfe von Seiten des Zentralstaates, regelmässig Berichte über die Verwendung der Steuergelder vor. In den Wochen vor dem Referendum musste Junqueras sogar wöchentlich Rechenschaft ablegen.

Llarena will die Aussagen Montoros nicht einfach so stehen lassen. Er verlangt am Mittwoch ganz förmlich einen Bericht darüber, wie der Minister zu der Annahme komme, dass keiner öffentlichen Gelder geflossen seien. Llarena will Einsicht in alle Unterlagen. „Ich brauche wohl eine doppelte Portion Popcorn“, schreibt Anwalt Gonzalo Boye, der die Verteidiger Puigdemonts und der anderen vier Flüchtigen koordiniert, bei Twitter angesichts des Streits zwischen Richter und Minister.

Nicht alle nehmen den Fall mit Humor. Der erzkonservative Radiosprecher Federico Jiménez Losantos, der nach dem Entscheid des OLG Schleswig, Puigdemont nicht wegen Rebellion auszuliefern, über Bomben auf Biergärten in Bayern fantasierte, meldete sich erneut zu Wort. Montoro mache sich „des Hochverrats und als Kollaborateur eines Staatsstreiches“ schuldig, erklärte er. Bei Twitter wurde umgehend der Hashtag #freeMontoro populär.

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