© 2018 Reiner Wandler

Straßburg sieht kein Vergehen in der Verbrennung von Königsbildern

Bilder des spanischen Königspaares zu verbrennen ist kein Verbrechen, sondern von der Meinungsfreiheit geschützt. So entschied am Dienstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dieser gab damit einer Klage von Enric Stern (29) und Jaume Roura (40) gegen den spanischen Staat statt. Die beiden jungen Männer aus Katalonien waren 2008 von der Audiencia Nacional, dem spanischen Sondergerichtshof für Terrorismus, Bandenkriminalität und schwere Finanzdelikte, zu 15 Monaten Haft oder 2.700 Euro Bussgeld verurteilt worden. Ein Widerspruch vor dem Verfassungsgericht blieb erfolglos. Daraufhin zogen die beiden nach Straßburg, wo sie jetzt Recht bekamen. Spanien muss den beiden nun das Bussgeld zurückerstatten und gleichzeitig 9.000 Euro Entschädigung bezahlen, sowie die entstandenen Ausgaben übernehmen.

Das, was die spanische Justiz als „Beleidigung der Krone“ ansah, fand 2007 statt. Die beiden nahmen an einer Demonstration anlässlich eines Besuches des damaligen Königs und Vater des heutigen Monarchen Juan Carlos I. und seiner Gemahlin Sofia in der katalanischen Stadt Girona teil. Dabei wurden Parolen für die Unabhängigkeit Kataloniens und gegen die Monarchie laut. Einige Teilnehmer, darunter die Stern und Roura, verbrannten unter Applaus der Umstehenden einen Karton auf dem ein Plakat mit dem Königspaar klebte.

Sowohl unter den Richtern der Audiencia Nacional als auch denen des Verfassungsgerichts löste der Fall heftige Debatten über die Grenzen der Meinungsfreiheit aus. In beiden Fällen setzten sich diejenigen durch, die in der Verbrennung des Bildes eine Straftat sahen. „Die öffentliche Verbrennung des Portraits der Monarchen ist nicht nur ein Akt des Beleidigung sondern auch Zeichen des Hasses, indem die Verbrennung ihres Bildes, in einer nur schwer zu übertreffenden Form ausdrückt, dass sie Ausschluss und Hass verdienen“, heisst es im Verfassungsgerichtsurteil, das 7 von 11 Richtern unterzeichneten.

Dieses Urteil verstößt nach Ansicht der Straßburger Richter gegen den Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. „Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein“, steht dort zu lesen.

Die Diskussion über die Grenzen der Meinungsfreiheit gehen derweilen in Spanien weiter. Dutzende von Rappern und Twitteraktivisten sind wegen „Beleidigung der Krone“ sowie wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ angeklagt. Je nach Richtern werden die einen freigesprochen, während die anderen für fast identische Aussagen zu Gefängnis verurteilt werden. Vergangenen Monat erwischte es den Rapper Valtonyc. Er wurde von der Audiencia Nacional zu dreieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Er hatte gegen die Polizei, die Monarchie und korrupte Politiker angesungen. Jetzt zieht er vor das Verfassungsgericht. Sollte er dort kein Gehör finden, will auch er nach Straßburg gehen.

Was bisher geschah: