© 2017 Reiner Wandler

Keine Antwort

 

Für Spaniens Ministerpräsidenten Mariano Rajoy beginnt das neue politische Jahr, wie das alte endete. Mit Fragen zur illegalen Finanzierung und zur Korruption seiner Partido Popular (PP). Ende Juli musste Rajoy als Zeuge im Fall Gürtel – so der Name der Ermittlungen über das größte Korruptionsnetzwerk rund um die Partido Popular (PP) – aussagen und gestern ereilte ihn das gleiche Schicksal vor dem Parlament. Die linke Podemos und die sozialistische PSOE zeichneten für diese Initiative verantwortlich. Nationalisten aus Katalonien und dem Baskenland schlossen sich dem an.

Die Parteien nutzten ihre Redezeit für einen politische Rundumschlag. Nur Podemoschef Pablo Iglesias stellte sechs ganz konkrete Fragen. Er wollte wissen, was Rajoy gewusst habe, wie viel Schwarzgeld er persönlich bezogen habe, warum er bis zuletzt seinen korrupten Parteikassenwart Luis Bárcenas verteidigte und ihm gar per SMS Mut zusprach.

Ende Juli vor Gericht erklärte Rajoy, sich nie um die Parteifinanzen und auch nicht um die der Wahlkämpfe, die er leitete, bevor er selbst Spitzenkandidat wurde, gekümmert zu haben. Mittlerweile tauchte ein Video auf, das Rajoy zeigt, wie er im Jahr 2.000 minutiös die Wahlkampfausgaben aufschlüsselt. „Wann haben sie gelogen? Vor Gericht oder im Video?“ wollte Iglesias wissen. Rajoy blieb die Antwort schuldig und hielt stattdessen eine politische Kampfrede in der er Iglesias mit Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro verglich. Als Iglesias in seiner Gegenrede die sechs Fragen erneut wiederholte, erhielt er abermals keine Antwort.

Die Richter gehen davon aus, dass sich die PP mindestens zwei Jahrzehnte illegal finanzierte. Rajoy war im fraglichen Zeitraum Minister, Vize-Generalsekretär, ab 2004 Parteichef und ab 2011 Regierungschef. Das Netzwerk Gürtel ließ mindestens 863 Millionen Euro in die PP-Kassen fließen. Hinzu kommen regionale Korruption. Auch hier geht es um hunderte von Millionen. Insgesamt laufen 65 Verfahren gegen die PP. PP-Schatzmeister Luis Bárcenas verteilte dank der Schwarzgeldkasse an hohe Parteifunktionären großzügige Zusatzgehälter, auch an Rajoy. Die PP zerstörte die Festplatten von Bárcenas Computern kurz vor der Durchsuchung der Parteizentrale.

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Meine Meinung

Korrupteste Regierung der EU

Die Fragen von Podemos-Chef Pablo Iglesias im Parlament waren klar. Was wusste Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy über die Schwarzgeldkassen und die in die Milliarden – ja Sie haben richtig gelesen – in die Milliarden Euro gehende Korruption seiner konservative Partido Popular (PP)? Statt zu antworten redete Rajoy darüber, dass seine Partei die Korruption bekämpfen würde, wie keine andere, dass seine Gegner von Podemos mit Venezuela unter einer Decke stecken würden, dass alle anderen viel korrupter seien als die PP.

Rajoy ließ es einmal mehr an Respekt mangeln, wie bereits vor einem Monat, als er wegen den gleichen Fällen als Zeuge vor Gericht aussagen musste. Der PP-Chef will von allem nichts gewusst haben, obwohl die Ermittlungsergebnisse anderes belegen.

Diese zeigen: Rajoys führt die korrupteste politische Formation der Europäischen Union an, spanienweit, auf regionaler und kommunaler Ebene. Die PP gleicht eher einer Mafia als einer Partei und der Ministerpräsident eher dem Paten als einem Generalsekretär.

Dass Rajoy dennoch nicht zurücktritt ist verständlich. Nur wer an der Macht ist, kann Gerichtsverfahren beeinflussen. Doch warum sich die restlichen Partei nicht gegen die PP zusammenschließen, das ist nicht zu verstehen. Die demokratische Hygiene würde dies verlangen.

So gibt sich Rajoy nach Jahren harter, unsozialer Sparpolitik, bei der unter anderem das eingespart werden muss, was seine PP aus den öffentlichen Kassen entwendete, unverfroren als der Retter der spanischen Wirtschaft und damit des Euro. Seine Kollegen von Merkel bis Macrón feiern ihn dafür. Und so lacht Rajoy weiterhin denen ganz offen ins Gesicht, die Antwort verlangen. Und das ist die überwältigende Mehrheit der Spanier. Sie haben den in Minderheit regierenden Rajoy nämlich nicht gewählt.

Was bisher geschah: