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Ehemaliger Autonomiepräsident vor Gericht

Der ehemalige Präsident der katalanischen Autonomieregierung Artur Mas steht seit heute (Montag 6.2.17) vor Gericht. Der Oberste Gerichtshof Kataloniens in Barcelona beschuldigt ihn, sowie seine Stellvertreterin Joana Ortega und die ehemalige katalanische Bildungsministerin Irene Rigau des Ungehorsams sowie der Rechtsbeugung und des Amtsmissbrauchs. Der Grund: Mas und seine Regierung führten am 9. November 2014 eine unverbindliche Volksbefragung durch, in der die Katalanen ihre Meinung zur Unabhängigkeit der nordostspanischen Region oder zum Verbleib bei Spanien zum Ausdruck bringen konnten. Nur wenige Tage vor der Befragung wurde diese vom spanischen Verfassungsgericht als nicht verfassungskonform verboten. Die Katalanen führten sie dennoch durch.

acte candidat Artur Mas

Mas im Wahlkampf 2010. /Foto CiU

2,2 der 6,3 Millionen wahlberechtigten Katalanen gingen an die Urnen. 80,7 Prozent stimmten für die Loslösung von Spanien, weitere 11,1 Prozent für die Föderation eines katalanischen Staates mit Spanien und nur 4,6 Prozent dafür, dass alles bleibt, wie es ist. Auch ohne jede rechtliche Bindung war dies mehr als ein Achtungserfolg für die ständig wachsende Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens.

Mas drohen zehn Jahre Verbot öffentliche Ämter auszuführen, seinen beiden Mitangeklagten jeweils neun Jahre. Mas habe eine „eine komplette Strategie der Kampfansage vorbereitet“, heisst es in der Anklageschrift. „Das Verfahren hat keinerlei rechtliche Grundlage“, beschwert sich Mas. Er und die beiden Mitangeklagten werden nicht alleine vor Gericht erscheinen. Die nationalistischen katalanischen Parteien sowie mehrere Unabhängigkeitsinitiativen kündigten an, über 15.000 Demonstranten zum Gericht mobilisieren zu wollen. Sie sehen hinter der Anklage, die auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zurückgeht, die lange Hand der konservativen Regierung Madrids.

Der in Madrid regierende Mariano Rajoy lehnt ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens, wie es die katalanische Regierung seit Jahren fordert, strickt ab. Die Verfassung sehe dies nicht vor; sie zu ändern ist er nicht gewillt. Das Verfahren gegen Mas ist nicht das einzige. Weitere ehemalige Mitglieder seiner Regierung warten vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid auf ihr Verfahren. Sie sind dort angeklagt, da sie weiterhin Ämter inne haben, und deshalb nur vom Obersten Gerichtshof belangt werden können.

Das Verfahren sei der Anfang des „Countdown zur Unabhängigkeit“, erklärt der Nachfolger von Artur Mas, Carles Puigdemont. „Der Staat wird sehen, dass es einer schwerer Fehler ist, vor Gericht zu sprechen zu wollen, anstatt in der Politik. Sie werden entdecken, dass die Zeit knapp wird“, warnt der katalanische Präsident. „Das ist ein Volk ist, das sich würdig genug fühlt zu sagen, Schluss jetzt“, unterstützt Puigdemont, der heute seinen Vorgänger Mas begleitet, die Demonstration vor dem Gericht.

Puigdemont will – so hat er es bei den Wahlen vor etwas mehr als einem Jahr versprochen und mit seinen Koalitionspartner fest vereinbart – bis spätestens im September diesen Jahres eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit abhalten. Am liebsten wäre ihm eine Einigung mit Madrid, um die Abstimmung wie einst in Schottland ganz offiziell durchzuführen.

Sollte sich Madrid weiterhin stur stellen, will er auch ohne Einigung mit der Zentralregierung die Urnen aufstellen lassen. Was dann passiert, ist völlig unklar. Rein rechtlich könnte Rajoys Regierung die katalanische Autonomie dann aufheben lassen. Doch wie dies gegen eine rebellische Regierung durchgesetzt werden soll, weiss keiner zu sagen.

Die Regierung Rajoys denkt nicht daran, den Dialog zu suchen. „Wir werden auf gar keinen Fall ein Referendum zulassen“, erklärt der Staatssekretär für Öffentliche Verwaltung der Regierung in Madrid, Roberto Bermúdez de Castro. Ob Madrid die Autonomie der Katalanen ganz oder teilweise aussetzen werde, könne er nicht sagen „ohne zu wissen, was genau sie sie tun.“

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