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Podemos lässt abstimmen

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Spaniens Antiausteritätspartei Podemos ruft die Sympathisanten zur Urabstimmung über eine künftige Regierung. Die online Eingeschriebenen sollen vom 14. bis zum 16. April über zwei Frage befinden: Ob sie wollen, dass Podemos den Pakt zwischen den Sozialisten (PSOE) und den rechtsliberalen Ciudadanos (C’s) unterstützt, oder ob sie hinter der Strategie ihrer eigenen Parteiführung für eine fortschrittliche Regierung unter Beteiligung von Podemos, der Sozialisten und andere linke Formationen stehen.

Genau an diesem Widerspruch sind die Verhandlungen zwischen Sozialisten und Podemos Ende vergangener Woche geplatzt. Während der sozialistische Generalsekretär und Kandidat zum Regierungschef Pedro Sánchez an seinem Bündnis mit den Rechtsliberalen festhält, und Podemos aufforderte diesem Pakt beizutreten, verlangte Iglesias einen klaren Schwenk nach links, mit einem Sozialprogramm und einem Ende der strikten Austeritätspolitik.

„Ich hätte es gerne gesehen, dass auch die PSOE so verfahren wäre. Warum fragen sie ihre Mitglieder nicht nach einer fortschrittlichen Regierung?“, will Podemos-Chef Pablo Iglesias wissen. Die PSOE hatte nur das Abkommen mit den Rechtsliberalen von der Basis absegnen lassen, aber nicht die grundsätzliche Strategie. Iglesias versichert: Falls ihm die Seinen in der Urabstimmung nicht recht geben, werde er die Parteiführung verlassen. „Wir haben uns nicht vor zwei Jahren in die Politik begeben, damit alles so weitergeht, wie gehabt, und damit wir zu einer gezähmte Partei werden“, fügt Iglesias hinzu.

Allen ist klar: Die Abstimmung wird kaum etwas an der Blockade bei der Regierungsbildung ändern. Längst bereiten sich nicht nur PSOE und Podemos auf Neuwahlen, die am 26. Juni stattfinden werden, wenn das Parlament bis Anfang Mai keine Regierung bildet, vor. Beide Parteien versuchen sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Verhandlungen zuzuschieben. „Wir machen keine neuen Angebote an Podemos mehr, weil Iglesias nicht vertrauenswürdig ist“, erklärte die rechte Hand von Sánchez und PSOE-Verhandlungsführer Antonio Hernando.

Innerhalb der PSOE mag so mancher nicht verstehen, warum die Parteiführung so verzweifelt an dem Abkommen mit C’s festhält. Wichtige Sprecher der Parteilinke werfen Sánchez und vor allem den Regionalfürsten vor, dass eine Regierung mit Podemos nie wirklich gewünscht war.

Der amtierende konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy, der bei den Wahlen am 20. Dezember seine bequeme absolute Mehrheit verlor, sieht jetzt die Stunde für eine Große Koalition gekommen. „Eine solche Regierung hätte die Mehrheit um wichtige, bleibende Reformen durchzuführen. Außerdem wäre dies ein gutes Zeichen für die Wirtschaft“, wirbt Rajoy. Laut El País, der grössten Tageszeitung des Landes, die gerne Koalition PP/PSOE unter Beteiligung von C’s sehen würde, um Podemos zu isolieren, scheiterte diese bisher daran, dass die Sozialisten Rajoy nicht als Regierungschef akzeptieren wollen und die Konservativen Sánchez als möglichen Vize ablehnen.

Noch bleiben knapp drei Wochen Zeit, bevor die Frist abläuft und Neuwahlen unumgänglich werden. Als die Region Katalonien Ende letzten Jahres in einer ähnlichen Sackgasse steckte, kam es regelrecht in letzter Minute doch noch zu einem Regierungsabkommen. „Alles passiert ungeheuer schnell. Was heute als sicher gilt, kann es morgen schon ganz anders sein“, gibt Fernando Berlin, Journalist, politischer Beobachter und Direktor der in der Linken beliebten Morgensendung La Cafetera im Online-Sender Radiocable zu bedenken.

Was bisher geschah: