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Streik gegen Studienreform

DSCF1186Studentenproteste im März 2014.

Die Lehrsäle der spanischen Universitäten und die Klassenzimmer der Oberschulen bleiben leer. Am Mittwoch traten Schüler und Studenten in einen 48-stündigen Streik. Am Donnerstag werden sie in über 40 Städten gegen die Bildungspolitik der konservativen Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy demonstrieren. Der Grund: Bildungsminister José Ignacio Wert ändert den Studienplan, per Dekret, ohne Debatte im Parlament. Künftig wird das Studium in 3+2 aufgeteilt, so der Name des Planes. 3 Jahre für das Studium an sich und 2 Jahre für einen Masterstudiengang. Was im restlichen Europa schon länger üblich ist, stösst in Spanien auf heftigen Widerstand. Je nach Region beteiligten sich nach Angaben der Studentengewerkschaft zwischen 75 und 90 Prozent der Oberschüler und Studenten am Ausstand.

„Wenn sie uns an Europa anpassen wollen, dann bitte in jeglicher Hinsicht“, beschwert sich die Vorsitzende der Studentengewerkschaft, Ana García. „Studieren in Spanien ist teuer und durch die Reform wird es für viele Familien unerschwinglich“, sagt sie und verweisst auf Frankreich, Deutschland oder Dänemark, wo die Uni kostenlos ist.

In Spanien war das noch nie der Fall. Und seit die konservative Partido Popular (PP) Ende 2011 die Regierung übernahm, stiegen die Studiengebühren auf fast das Doppelte an. Je nach Studiengang sind es pro Jahr 2000 bis 3.500 Euro. Ein Jahr im Masterstudiengang schlägt gar mit 4.000 bis 7.000 Euro zu Buche. „Durch das zweite Masterjahr wird das Studium erneut teurer. Über 20.000 Euro kostet eine universitäre Ausbildung künftig“, rechnet García vor.

Minister Wert freilich sieht das anders. Dank des kürzeren Grundstudium würden die spanischen Familien insgesamt 150 Millionen Euro pro Jahr sparen. Ein Master sei schließlich keine Pflicht. Für García ist das „reiner Zynismus“, denn „mit dem Grundstudium alleine hast Du keinen Abschluss, mit dem Du arbeiten kannst.“

Der Unmut der Studierenden hat sich schon länger aufgestaut. Die Staatsausgaben für Bildung wurden im Zuge der Sparpolitik gekürzt, obwohl Rajoy im Wahlkampf versprochen hatte, dies auf keinen Fall zu tun. Insgesamt wurden 1,5 Milliarde Euro an den Universitäten eingespart. Die Ausgaben pro Student sanken damit um 25 Prozent. Auch an den Schulen wurde gespart.In den vergangenen zwei Jahren wurden 32.000 Lehrerstellen abgebaut. 600.000 Schüler verloren die Zuschüsse zur Schulspeisung oder das Büchergeld.

An den Universitäten wird außerdem bei den staatlichen Stipendien für sozialschwache Studenten gespart. Waren es vor den Kürzungen bis zu 6.000 Euro im Jahr für besonders Bedürftige, die ausserhalb ihres Heimatortes studierten, sind es jetzt maximal 3.000 Euro. Die meisten bedürftige Studenten können gerade einmal auf einen Preisnachlass bei den Studiengebühren hoffen. „Zu Beginn des Studienjahres, weiss niemand, was er bekommt“, berichtet García. Denn die staatlichen Stellen richten einen festen Topf ein. Der wird aufgeteilt. Je mehr Anträge, umso weniger Geld entfällt auf jeden einzelnen Antragsteller. Die Kürzung bei den Stipendien und die teuren Studiengebühren bleiben nicht ohne Folgen. Offizielle Zahlen zeigen, dass dieses Jahr 45.000 junge Spanier weniger studieren als im Vorjahr. „Das ist was sie wollen“, schimpft García.

Und die Gewerkschaftsvorsitzende scheint mit ihrem Vorwurf recht zu haben. „Das Universitätssystem ist nicht tragbar, wir müssen darüber debattieren, was für ein System wir wollen“, erklärte die Nummer zwei im Bildungsministerium, Staatssekretärin Monserrat Gomendio wenige Tage vor Streikbeginn, und erklärte umgehend, wo sie das Hauptproblem sieht. Die Uni sei zu billig und zuviele jungen Spanier studierten an der Hochschulen.

Was bisher geschah: