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Umstrittener Kommissar

VILLARGORDO, COOPERATIVA SAN JUAN, VISITA MIGUEL ARIAS CAÑETELobbyist oder Politiker? Wenn es um den künftigen EU-Energie- und Klimakommissar Miguel Arias Cañete geht, ist für viele die Antwort klar. Der 64-Jährige, der bis zu seiner Kandidatur zum Europaparlament Landwirtschaftsminister der konservativen Regierung unter Mariano Rajoy in Madrid war, ist Aktionär bei zwei Erdölfirmen. Das sei, so Umweltschutzorganisationen und europäische Sozialdemokratie mit dem Amt, dass er jetzt bekommen soll, unvereinbar. Der künftige Kommissar ist Teilhaber von Petrologis und Ducar. Letzterer stand er bis 2012 sogar vor. Jetzt führt sein Schwager das Unternehmen und sein Sohn sitzt ebenfalls im Ducar-Vorstand. Beide Unternehmen kümmern sich um die Lagerung und den Verkauf von Treibstoff für Handelsschiffe. Dazu haben sie eine staatliche Lizenz.

„Die schlecht möglichste Wahl“, schimpft die Deutsche Umweltstiftung. „Was haben wir von einem EU Kommissar zu erwarten, der umfangreiche persönliche Verwicklungen mit dem Big Business dieses Sektors hat?“ fragen die Ökologisten in einer Erklärung vom Wochenende. Der deutsche Sozialdemokrat Jo Leinen, bekannt aus der Anti-AKW-Bewegung der 1980er Jahre, schimpft ebenfalls. „Ein Kommissar muss unabhängig sein“, erklärte er gegenüber der britischen Zeitung The Guardian. Zusammen mit seinen spanischen Genossen im Europaparlament verlangt er, dass Arias Cañete seine Aktien verkauft. Leinen schließt nicht aus, dass ihm seine Fraktion die Stimmen im Europaparlament verweigern könnte.

Ein Blick auf die Politik von Arias Cañete als Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Umweltschutz in Madrid zeigt, dass die Sorge um seine Unabhängigkeit nicht unbegründet ist. Unter seiner Regie genehmigte die Regierung Rajoy – die den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien eingefroren hat – die Suche nach Öl und Gas per Fracking. Außerdem erteilte Arias Cañete grünes Licht für Erdölprobebohrungen vor den Kanarischen Inseln, in besonders sensiblen Meeresregionen. Hinzu kommt die Lockerung des Küstenschutzes. Auch hier ist Arias Cañete nicht ohne Eigeninteresse. Denn er hat auch im Tourismusgewerbe an Spaniens Küste investiert.

In seiner Heimat ist Arias Cañete vor allem durch seine frauenfeindlichen Sprüche bekannt. Nach verlorener Fernsehdebatte gegen die sozialistische Spitzenkandidatin zum EU-Parlament, Elena Valenciano, erklärte er: „Mit einer Frau zu diskutieren ist schwierig. Wenn du sie in die Enge treibst, ist das Machismus.“ Deshalb habe er seine Kontrahentin gewinnen lassen. Eine andere seiner Perlen: „Die Bewässerung in der Landwirtschaft muss wie die Frauen mit Vorsicht genossen werden, sonst verliert man schnell den Kopf.“

Ironie des Schicksals: Sollte der Spanier Kommissar werden, wird er in der Energieunion und der Kommission Frauen als direkte Vorgesetzte haben./Foto: Partido Popular

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