© 2014 Reiner Wandler

Segeln für Energie

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José Miguel Bermúdez und sein Freund und Partner Jorge Salas sind begeisterte Leser von Jules Vernes. „Ich glaube, Wasser wird eines Tages als Treibstoff verwendet werden; seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff werden, einzeln oder gemeinsam, unerschöpfliche Quellen von Wärme und Licht sein . (…) Ich glaube, wenn die Kohlevorräte erschöpft sind, heizen wir mit Wasser. Wasser ist die Kohle der Zukunft“, heißt es im Buch „Die geheimnisvolle Insel“ des französischen Autors aus dem Jahre 1874. Die beiden 28-jährigen Luftfahrtingenieure Bermúdez und Salas wollen diesen Traum jetzt Wirklichkeit werden lassen. Bound4blue heisst das Projekt der Absolventen der Technischen Hochschule (ETSEIAT) in Terrassa unweit von Barcelona.

Es geht um ein Schiff, das von riesigen Segeln angetrieben wird. „Turbinen unter Wasser werden die nötige Energie erzeugen, um das Wasser des Meeres per Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten“, erklärt Bermúdez, der 2006, mitten im Studium mit seinem Vater, ein Industrieingenieur, erstmals mit dem Gedanken, mit Hilfe großer Segelschiffe, Energie zu erzeugen, spielte. Was damals eine Spinnerei war, wurde später in Zusammenarbeit mit seinem Kommolitonens Salas zu einem richtigen Projekt.

„Das Herzstück der Anlage sind die Segel, alles andere ist mehr oder weniger herkömmliche Technologie“, sagt Bermúdez. Sie werden nicht aus Stoff sein. Es sind vielmehr 20 mal 50 Meter große Strukturen, die einer Flugzeugtragfläche gleichen. „Das sorgt für wesentlich mehr Antrieb, als ein normales Segel, erklärt Bermúdez. Patente in der EU, den USA, China und Japan sind bereits beantragt. Die Turbinen, die unter Wasser die nötige Energie für die Wasserstoffproduktion erzeugen, entsprechen mehr oder weniger dem, was aus Gezeitenkraftwerken bekannt ist. Die Gase werden an Bord in großen Tanks gelagert.

„Die Produktionskosten für ein Kilogramm Wasserstoff liegen bisher im Schnitt bei 4,5 bis 5 Euro. Wir werden für rund 1,5 Euro produzieren können“, ist sich Bermúdez sicher. Der weltweite Wasserstoffmarkt bewegt bereits heute 80 Milliarden Dollar. Das Gas wird hauptsächlich bei Spalten von Schweröl – dem sogenannten Hydrocracking – sowie bei der Herstellung von Ammoniak gebraucht. Doch schon in naher Zukunft könnte Wasserstoff auch als Treibstoff im Straßenverkehr eingesetzt werden. In der EU und Japan wird mit Hochdruck in diese Richtung geforscht.

„Zuerst einmal wollen wir reine Produktionseinrichtungen bauen“, erklärt Bermúdez. Die bis zu 140 Meter langen Schiffe sollen in windgünstigen Zonen auf dem Meer kreuzen. „Doch in einer zweiten Phase sind auch Handelsschiffe denkbar, die einen Teil ihrer Energie mittels unserem System selbst produzieren“, fügt der junge Ingenieur hinzu.

Im Juni wird boun4blue endgültig als Unternehmen konstituiert werden. In einem ersten Schritt soll ein 20 Meter langer Prototyp gebaut werden. „Um zu zeigen, dass unsere Technologie funktioniert“, erklärt Bermudez. Mehr als eine Million Euro werden nötig sein. Investoren haben die beiden bereits an der Hand. Ausserdem genießen sie die Unterstützung mehrerer öffentlicher Forschungsinstitute in Spanien. „In vier bis fünf Jahren wollen wir das erste richtige Schiff fertig haben“, zeigt sich Bermúdez optimistisch./Foto: bound4blue

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