© 2014 Reiner Wandler

#PSOE: Was nun?

L1201864

Die PSOE ist in der Krise. Den Sozialisten, ältesten Partei Spaniens, laufen die Wähler scharenweise davon. Bei den Europawahlen erhielt sie gerade noch 23 Prozent. Bei den letzten siegreichen Parlamentswahlen 2008 waren es stolze 43,9 Prozent. Generalsekretär Alfredo Pérez Rubalcaba (62) zog die Konsequenzen und schmiss vor drei Wochen hin. Jetzt soll die Parteibasis per Urwahl am kommenden Sonntag einen Nachfolger bestimmen. Einem der drei Kandidaten – dem Generalsekretär der Parlamentsfraktion Eduardo Madina (38), dem Abgeordnete aus Madrid Pedro Sánchez (42) oder dem Philosophie-Professor und Ex-Parlamentarier José Antonio Pérez Tapias (59) – fällt dann der undankbare Job zu, die PSOE aus einem nie dagewesenen Tief zu führen, soweit dies überhaupt möglich ist.

Sein Nachfolger habe „eine enorme Aufgabe vor sich“, erklärt Rubalcaba und mahnt die Parteibasis doch bitte am Sonntag massenhaft an die Urnen zu gehen, und den Neuen „zu stärken“. 198.000 Mitglieder sind gerufen. Sollten weniger als die Hälfte abstimmen, wäre dies eine Schmach. Unwahrscheinlich ist dies nicht. Denn keiner der drei Kandidaten löst Begeisterung aus.

Madina und Sánchez liegen in der Mitgliedergunst, so will es die Presse per Umfragen ermittelt haben, bei rund 40 Prozent gleich auf. Pérez Tapias ist weit abgeschlagen. „Ich sehe weder Madina noch Sánchez mit einer eigenen, politischen Persönlichkeit, die sie eindeutig erkennbar macht“, sagt José Borrell, der einst 1998 bei den ersten Urwahlen in der Geschichte der PSOE zum Spitzenkandidaten gekürt wurde. „Nur Nuancen unterscheiden die Kandidaten“, heisst es auch in der größten spanischen Tageszeitung El País.

Es ist tatsächlich leichter Gemeinsamkeiten zwischen Madina und Sánchez zu finden, als Unterschiede. Keiner der beiden kritisiert die Politik unter Ministerpräsident José Luis Ródriguez Zapatero, der die Sparpolitik einleidete, bevor er 2011 die Wahlen verlor. Und jetzt, als Spaniens Linke nach der Abdankung von König Juan Carlos über eine Volksbegehren „Monarchie oder Republik“ debattierte, beugten sich die zwei der Parteidisziplin und stimmten das umstrittene Nachfolgegesetz, das es Felipe VI. ermöglichte, den Thron zu besteigen, an der Seite der regierenden, konservativen Partido Popular (PP) mit durchs Parlament. „Die Verantwortung gegenüber der Verfassung“ wolle es so, erklärte Noch-Parteichef Rubalcaba. Madina und Sánchez folgten ihm.

Viele Mitglieder und Wähler empörte dies, wie einst, als 2011 mitten im Sommer auf Drängen Berlins und Brüssels eiligst eine Schuldenbremse – ebenfalls im Einklang mit der PP – in die Verfassung geschrieben wurde. Der Paragraph gibt den Rückzahlungen an die Banken den Vorrang vor Sozialausgaben. „Sie vertreten uns nicht“, rufen die Demonstranten auf den unzähligen Protesten gegen die Austeritätspolitik. „PPSOE“ schreiben sie auf ihre Transparente und machen damit klar, wen sie für die Misere verantwortlich machen.

Die nur vier Monate vor den Europawahlen entstandene, linke Formation Podemos rund um eine Gruppe von Politik- und Soziologieprofessoren an der Madrider Universität Complutense, greift diese Empörung auf und erhielt auf Anhieb mehr als 1,2 Millionen Stimmen (8 Prozent). Viele davon hatten einst die Sozialisten gewählt. Neue Umfragen zeigen, dass Podemos bei den im nächsten Jahr anstehenden Kommunal-, Regional- und Parlamentswahlen noch weit mehr Stimmen bekommen könnte. Jede vierte Noch-PSOE-Stimme könnte dann Podemos zufallen. Ein mögliches Linksbündnis aus Podemos und der postkommunistische Vereinigten Linken (IU), droht die Sozialisten zu überflügeln. Keiner bei den Sozialisten wagt derzeit Prognosen abzugeben, wo der Sockel der Wählerstimmen für die PSOE anzusiedeln ist. So mancher schaut besorgt nach Griechenland, wo die dortige Schwesterpartei PASOK mittlerweile auf acht Prozent abgesackt ist.

Die Urwahl des Generalsekretärs soll der PSOE neuen Schwung geben. Basisdemokratie ist in Spanien angesagt, seit Podemos sich in losen, für die Bürger offenen Zirkeln organisiert und die Kandidaten zu den Europawahlen sowie die Parteiführung im Internet per völlig offenen Wahlen bestimmen ließ.

Bei der per Internet übertragenen Debatte der drei Kandidaten am Montag Mittag in der Parteizentrale in Madrid war viel von „Transparenz“, „Demokratie von unten nach oben“, „Öffnung“ und „Wandel“ und „Restrukturierung des sozialischen Projektes“ die Rede. Mit welchem Programm, davon war wenig Konkretes zu hören.

Der neue PSOE Generalsekretär muss Ende des Monats auf einem Sonderparteitag bestätigt werden. Dort wird auch das neue Programm festgelegt, mit der die Sozialisten die verlorenen Wähler erneut für sich gewinnen wollen. Wer dies dann bei den Wahlen im kommenden Jahr als Spitzenkandidat vertreten wird, das müssen erneute Urwahlen zeigen.

Was bisher geschah: