© 2014 Reiner Wandler

Wechsel auf dem spanischen Thron

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Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. So auch der Krönungstag des neuen spanischen Monarchen Felipe VI. am Donnerstag. Wer hoffte am Fronleichnamstag ausschlafen zu können, wurde enttäuscht. Die Bewohner der Madrider Innenstadt wurden früh durch unerträglicher Hubschrauberlärm aus dem Schlaf gerissen. Die Polizei überflog stundenlang das Zentrum rund 9.000 Beamte sorgten für die Sicherheit. 120 Scharfschützen lagen auf den Dächern. Demonstrationen waren im gesamte Stadtgebiet verboten. Wer eine Trikolore der Republik mit sich führte, wurde an den zahlreichen Polizeisperren aufgehalten. Mindestens fünf Menschen wurden verhaftet. Ihr Vergehen: Sie riefen ein Hoch auf die Republik, als die Luxuslimousine des neuen Monarchen Felipe VI. in Sichtweite kam. Bereits am Vorabend hatte die Polizei die zentrale Puerta del Sol geräumt. Touristen und Passanten mussten den Platz, auf dem 2011 Spaniens Empörten campten, verlassen. Ein riesiges Foto des neuen Königspaares wurde aufgehängt.

„Heute ist ein Tag an dem es mit gefallen würde, das wir nach vorn schauen, in die Zukunft, in Richtung eines renovierten Spaniens, das wir weiter aufbauen werden“, erklärte Felipe VI. in seiner Ansprache vor dem Parlament. Der 46-jährige Monarch trug dabei, wie einst sein Vater 1975, die Uniform des Oberbefehlshabers der Streitkräfte. Den Rolls Royce den er benutzte, war in den 50er Jahren von Diktator Franco für seine Paraden gekauft worden.

Der Krönungstag war das Ende eines eiligst herbeigeführten Wechsels an der Spitze des spanischen Staates. Der seit 1975 amtierende König Juan Carlos (76) hatte Anfang des Monats überraschend abgedankt. Durch Korruptionsskandale in der eigenen Familie und durch unrühmliche Jagdausflüge, erreichte seine Beliebtheit bei den Untertanen ein Tief, wie es die Monarchie seit ihrer Wiedereinführung nach dem Tod des Diktators Franco 1975 nicht gekannt hatte. Felipe VI. soll dies jetzt regeln.

Das Interesse bei der Zeremonie im Parlament galt nicht so sehr den Anwesenden, als denen, die nicht mit dabei waren. König Juan Carlos blieb ebenso zu Hause, wie die Schwester des neuen Monarchen Infanta Cristina. Gegen sie wird wegen Korruption ermittelt.

Auch bei den Abgeordneten blieb so mancher Stuhl leer. Die Vereinigte Linke (IU) und einige nationalistische Parteien aus den nach Unabhängigkeit strebenden Katalonien und dem Baskenland, blieben der Vereidigung fern. Sie fordern ein Referendum über die Staatsform.

Die beiden großen Parteien, die regierende konservative Partido Popular (PP) und die sozialistische PSOE, wollten davon nichts wissen. Sie hatten in nur zwei Wochen im Eilverfahren ein Nachfolgegesetz durch beide Parlamentskammern gestimmt.

Felipe VI. weiss um die Debatte in der Bevölkerung. „Die Krone muss die Nähe zu den Bürgern suchen, und ständig deren Anerkennung, Respekt und Vertrauen gewinnen“, erklärte der neue König. Doch trotz des Aufrufs der konservativen Bürgermeisterin Madrids und Ehefrau des einstigen, konservativen Ministerpräsidenten José María Aznar, Ana Botella, den neuen Regenten und dessen Frau Letizia einen würdigen Empfang zu bereiten, blieben die großen Menschenmengen am Straßenrand aus. Nur auf dem Platz vor dem Königspalast versammelten sich mehrere Tausend fähnchenschwingende Monarchisten. Sie applaudierten Felipe VI. zu, als er auf dem Balkon erschien, von dem einst auch Diktator Franco seine Ansprachen hielt.

Die Debatte um die Staatsform ist nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben. Trotz Demonstrationsverbot kam es auch am Krönungstag an mehreren Orten zu republikanischen Protesten. Eine Gruppe von rund 500 Menschen versuchten zur Puerta del Sol zu gelangen. Die Polizei verhinderte dies. Einige Teilnehmer hatten sich den Mund mit einem Pflaster zugeklebt, auf dem das Wort „Freiheit“ zu lesen war.

Was bisher geschah: