© 2014 Reiner Wandler

Marokkanische Soldaten in Melilla

„Es ist das erste Mal seit 550 Jahren, dass marokkanische, bewaffnete Soldaten auf dem Gebiet von Melilla agieren. Ein Dank an die Regierung“, lautete eine Twitter-Botschaft der Flüchtlings- und Kinderhilfsorganisation Prodein aus Melilla, die allgemeine Verwunderung auslöste. Wenig später veröffentlichte die NGO einen Video, der erklärte, um was es geht. Darauf sind marokkanische paramilitärische Einheiten zu sehen, die zwischen den beiden Grenzzäunen, die Spaniens Exklave Melilla von Marokko abschotten, schwarzafrikanische Flüchtlinge festnehmen und zurück nach Marokko verfrachten.

Die sogenannte heiße Abschiebung ist nach aktueller Rechtslage illegal. Wo sie bisher dokumentiert wurde, brachte die Grenzeinheiten der spanischen Guardia Civil die Flüchtlinge auf die marokkanische Seite des Zaunes. Doch was auf dem Video zu sehen ist, „hat es noch nicht gegeben“, beschwert sich der Prodein-Vorsitzende José Palazón. Denn Marokkaner, die auf spanischen Gebiet tätig werden, wurden bisher nirgends gesichtet.

Die Aufnahmen stammen vom vergangenen Freitag. Rund 800 Flüchtlinge hatten – so die Angaben des Innenministeriums, versucht – aufgeteilt in drei Gruppen die Grenzanlagen zu überwinden. Nur sechs Flüchtlingen gelang dies. Einer von ihnen sass mehrere Stunden auf einer der Laternen , um der heißen Abschiebung zu entgehen. Beim Abstieg stürtzte er und wurde ins Krankenhaus in Melilla eingeliefert.

„Erst wer beide Grenzzäune überwunden hat, ist in Spanien“, versucht der regierende Bürgermeister von Melilla, Juan José Imbroda, die von Prodein verbreiteten Aufnahmen herunterzuspielen. Und der Vertreter des Innenministeriums in Melilla, Abdelmalik el Barkani, gab gar zu, dass die Anwesenheit von marokkanischen Soldaten zwischen beiden Zäunen nichts ungewöhnliches sei. „Das ist Teil einer immer engeren Zusammenarbeit mit einem Land, das den Staus eines privilegierten Partners der Europäischen Union geniest“, erklärt er. „Es gab keine illegalen Abschiebungen“, fügt el Barkani hinzu, denn die Betroffenen hätten nicht die gesammte Grenzanlage überwunden.

„Entweder man ist in Marokko oder in Spanien“, hält Francisco Solans dagegen. Für den Sprecher der spanischen Anwaltsvereine für Fragen des Ausländerrechtes ist klar: „Wer den ersten Zaun überwunden hat, ist in Spanien.“ Es gebe kein Niemandsland zwischen den beiden Zäunen. Ein Blick auf die Karte genügt. Die komplette Grenzanlage mit ihren beiden, sechs Meter hohen und mit Natodraht gespickten Zäunen, der Gasse dazwischen, die mit einem Geflecht aus Drahtseilen versehen ist, sowie die anliegende Fahrstraße auf spanischer Seite für die Sicherheitskräfte liegen auf spanischem Gebiet.

Nach den Massenanstürmen der letzten Monate auf den Zaun in Melilla, ist das Auffanglager völlig überfüllt. Einst wurde es für 480 Flüchtlinge errichtet. Jetzt werden dort 1.800 Menschen zusammengepfercht. Die konservative Regierung in Madrid weigert sich, Flüchtlinge auf die iberische Halbinsel zu überführen, wie dies bei früheren Flüchtlingskrisen üblich war. Der regierende Bürgermeister Imbroda wollte deshalb ein weiteres Lager in einer alten Kaserne einrichten. Am Wochenende demonstrierten 300 Anwohner dagegen. Die Pläne wurden erst einmal auf Eis gelegt.

 

 

 

Was bisher geschah: