© 2013 Reiner Wandler

Sie verlassen das sinkende Schiff

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Portugals konservative Regierung unter Pedro Passos Coelho droht das vorzeitige Aus. Nach dem Rücktritt des Finanzministers Vitor Gaspar am Montag schmiss gestern auch Aussenminister Paulo Portas sein Amt hin. Portas ist Chef des Sozialen und Demokratischen Zentrums (CDS), Koalitionspartner und Mehrheitsbeschaffer für Passos Coelho’s Sozialdemokratische Partei (PSD). Der Premier akzeptierte bisher das Rücktrittsgesuch von Portas nicht. Doch dieser besteht darauf, dass seine Entscheidung endgültig sei.

Zur Begründung gab Portas Meinungsverschiedenheiten angesichts des harten Sparkurses an. Der Rechtspolitiker hatte in den vergangenen zwei Jahren immer wieder, wenn auch zaghafte Kritik an einzelnen Sparpakten geübt. Er habe beschlossen, sein Amt niederzulegen, nachdem Passos Coelho als Nachfolgerin für den zurückgetretenen Finanzminister Gaspar dessen rechte Hand María Luisa Albuquerque wählte. „Kontinuität“ der alten Linie, beschwert sich Portas. Er habe auf einen Richtungswechsel weg vom harten Austeritätskurs gehofft. Er fordert Maßnahmen, um die Wirtschaft des Landes anzukurbeln.

Mit den Rücktritten in Portugal kehrt die Eurokrise ausgerechnet zum Auftakt des EU-Gipfels in Berlin mit voller Wucht zurück. Die Rendite für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen stieg am Mittwoch auf 7,94 Prozent. Das ist der höchste Stand seit Dezember 2012. Auch die Zinsen für spanischen und italienischen Staatsanleihen stiegen.

Passos Coelho versuchte noch am Dienstag Abend die Wogen zu glätten und die Märkte zu beruhigen. „Ich werde nicht zurücktreten. Ich werde mein Land nicht aufgeben“, versprach der Konservative in einer Fernsehansprache, bevor er nach Berlin reiste. Er werde alles versuchen, die Risse in der Koalition zu kitten. Passo Coelho’s Regierung hängt am seidenen Faden. Ohne die 24 Abgeordneten des CDS kann Passos Coelho kaum regieren, denn er wäre damit in parlamentarischer Minderheit. Weitere unpopuläre Einschnitte, wie sie die Troika von Portugal als Gegenleistung für das 78 Milliarden Euro schwere Rettungspaket verlangt, könnten nicht mehr umgesetzt werden.

Portugals Presse spricht von Druck aus Brüssel auf Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva, er möge die Lage stabilisieren. Cavaco Silva scheint diesem Wunsch nachzukommen. Er kündigte an, die großen Partei des Landes sowie Regierungschef Passos Coelho noch diese Woche zu laden. Den Beginn machen die oppositionellen Sozialisten. Das Ziel von Cavaco Silva dürfte es sein, eine neue Regierung zu bilden – ohne dass die Portugiesen erneut an die Urnen schreiten. Die Chancen dass dies funktioniert sind – falls Portas bei seinem Rücktritt bleibt – eher schlecht. Die Sozialisten dürften wohl kaum einer großen Koalition ohne Neuwahlen zustimmen. Sie wurden vor zwei Jahren vom Wähler für das Hilfsgesuch an die Troika abgestraft. Sollten sie jetzt erneut im Dienste Brüssels handeln, wäre der Schaden für die Partei nicht abzusehen./Foto: Wikimedia

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