© 2012 Reiner Wandler

Stopfen bis zum Platzen

Animal Equality verdirbt den spanischen Schlemmern die Weihnachtszeit. Die internationale Tierschutzorganisation veröffentlicht Fotos aus spanischen Betrieben, in den Enten und Gänse gehalten werden, deren Leber zu Foie Gras verarbeitet wird, und schocken damit die Zeitungsleser. Zudem machen Videos die Runde im Internet.

Ein Betrieb – Momotegi im Baskenland – wurde nach einer Anzeige der Tierschützer von den Behörden unter die Lupe genommen und wegen Verstoß gegen Hygienevorschriften mit einem Busgeld belegt ebenso der Momotegi- Kunde Mugaritz. Dem Lokal mit zwei Michelin-Sternen wird vorgeworfen sich bei einem Betrieb mit Leber einzudecken, der nicht den Lizenzvorschriften entspricht.

Die Videos und Fotos von Animal Equality stammen aus vier Mastbetrieben. Sie zeigen gestresste Tiere, die sich beim Versuch aus dem viel zu engen Käfig zu entweichen selbst verletzen. Tiere, die ohne Betäubung getötet werden. Kranke Tiere, die ohne Tierarzt bis zum Tod vor sich hinvegetieren. Hinzu kommen die Bilder des Stopfens. So heißt die Methode, mit der die Enten und Gänse mithilfe eines Trichter zwangsernährt werden. Völlig überfüttert wächst die Leber der Tiere auf mehr als ein halbes Kilogramm bei einem Gesamtgewicht von rund sieben Kilo an. Es sind diese überfetteten Lebern, die zu Foie Gras verarbeitet werden.

„Die Bussgeldbescheide zeigen, das wir gute Arbeit geleistet haben“, erklärt Animal Equality Sprecherin Xoxe Gómez zufrieden. Die Forschungsteams hätten, „als Personen, die sich für die Branche interesieren“, Zutritt zu den Betrieben erhalten. Der Aufschrei aus in der Gourmetbranche lässt nicht auf sich warten. Über 400 Menschen unterzeichneten ein Manifest, das den Mugaritz-Küchenchef Adoni Luis Aduriz in Schutz nimmt. Die Ziele und Ideen der Tierschützer „können nicht mittels einer Kampagne der Rufschädigung, der Diskreditierung und der Manipulation von Bildern, die die Realität verfälschen, durchgesetzt werden, egal wie gerechtfertigt sie auch erscheinen mögen“, heißt es darin. Weltbekannte spanische Köche wie Ferran Adría, Juan Mari oder Elena Arzak gehören zu den Unterzeichnern.

„Wir leben in einer urbanen Gesellschaft“, erklärt Ramón Puyuelo, Geschäftsführer des Branchenverbandes Interpalm, der 78 Prozent der Mastbetriebe und 80 Prozent der weiterverarbeitenden Industrie zu zu seinen Mitglieder zählt. „Die Menschen haben ein Verhältnis zu Tieren, das von Walt Disney geprägt ist. Dabei leben Tiere so wie sie eben leben, und sie sind wie sie sind, und nicht so, wie wir uns das vorstellen.“ Er bestreitet die Unregelmäßigkeiten beim Schlachten nicht entschuldigt sie aber: „Wenn Zehntausende von Tieren geschlachtet werden, kann es schon einmal zu Fehlern kommen. Das ist wie im Krankenhaus. Bedauerlicherweise geht eine von tausenden von Operationen auch schief.“

„Wenn wir mit dem Zoom Blut aufnehmen, dann ist das unangenehm“, sagt Puyuelo. „Aber wir leben hier in der EU und halten alle Vorschriften penibel ein. Doch wenn sie Veganer sind, ist alles schlecht, was mit Tieren als Nahrungsmittel zu tun hat.“ Animal Equality sei zum Filmen nachts in Ställe eingedrungen und hätte damit überhaupt erst die Stresssituationen für die Tiere erzeugt, in deren Folge sie sich dann verletzt haben, lautet der Vorwurf des Interpalm-Sprechers. „Unser Branchenverband ist vom Landwirtschaftsministerium anerkannt und wird von staatlicher Seite unterstützt“, fügt Puyuelo hinzu. In Spanien werden jährlich rund 1,2 Millionen Tiere zu Lieferanten der Fettleber herangezogen. Nach Frankreich und Bulgarien ist Spanien damit der drittgrößte europäische Produzent von Foie Gras. Einer der marktführenden, weiterverarbeitenden Betriebe, Collverd, gehört dem Interpalm-Vorsitzenden und Vizepräsidenten der des europäischen Verbandes EuroFoieGras, Jordi Terol. Collverd ist einer der Großkunden bei zwei der von Animal Equality beschuldigten Mastbetriebe.

„Wir werden in den kommenden Wochen weiteres Material veröffentlichen“, erklärt Animal-Equality-Sprecherin Xoxe Gómez. „Wir haben insgesamt elf spanischen Mastbetriebe unter die Lupe genommen“, sagt sie. Das entspreche über 80 Prozent der spanischen Produktion. Eine Gruppe von acht Europarlamentariern nutze das Material, um ein europaweites Verbot des Stopfens zur Foie-Gras-Produktion durchzusetzen.

Das es auch anders geht, zeigt ein kleiner Betrieb in Südspanien. Er hält die Tiere im Freien. Sie fressen sich ganz natürlich eine Fettleber an, da sie sich auf den herbstlichen Flug gegen Afrika vorbereiten, zu dem es freilich dann nicht mehr kommt. Auf Drängen der Produzenten aus dem Mutterland der Fettleberpastete Frankreich darf sich das so gewonnene Produkt – trotz eines galischen Feinschmeckerpreises – allerdings nach europäischer Richtlinie nicht Foie Gras nennen.

Was bisher geschah: