© 2011 Reiner Wandler

Der lange Weg durch den Tunnel


„Zapatero wächst!“ titelte zum Jahresende die linke spanische Tageszeitung Público. Die Seite 1 zierte ein Foto des spanischen Regierungschefs in entschlossener Rednerpose. Ein schnelles Ende der Talfahrt mit über 20 Prozent Arbeitslosen und einem Wachstum rund um die Null Prozent sei nicht in Sicht. Fünf weitere lange Jahre würde es brauchen, damit sich Spanien erholt. Zapatero kündigte an, dass den unzähligen schmerzhaften Sparmaßnahmen im Jahre 2010, wie Gehaltskürzungen im Öffentlichen Dienst, Streichung des Kindergeldes, Eliminierung der Bezüge für Langzeitarbeitslose und Lockerung des Kündigungsschutzes weitere Einschnitte folgen werden.

Durchhalten im Dienste des Vaterlandes heißt die Parole, die Zapatero ausgibt, trotz eines Generalstreikes im September und weitere angekündigte Proteste zum Jahresbeginn. Während die Umfragewerte sinken, zeigt sich die sozialistische Regierung stolz auf das Geleistete. Schließlich hat sogar die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Zapatero den Willen zur Sanierung des überschuldeten Landes bestätigt. Das scheint mehr zu wiegen, als ein Rückstand der regierenden Sozialisten mittlerweile von über zehn Punkte hinter der konservativen Opposition der Partido Popular (PP).

Die nächste Reform wird bereits Ende Januar verabschiedet werden. Die Schere wird beim Rentensystem angesetzt. Der Berechnungszeitraum, der sich bisher auf Beitragszahlungen die letzten 15 Jahre erstreckte, soll auf 20 bis 25 Jahre angehoben werden. Und nur wer mehr als 37 Jahre einbezahlt hat, darf weiterhin mit 65 in den Ruhestand gehen. Für den Rest wird künftig ein Rentenalter von 67 gelten. Zapatero will die Reform vor dem Staatsbesuch des Jahres unter Dach und Fach haben, wenn am 3. Februar Merkel Madrid besucht.

Längst ist die Krise im Geldbeutel der Spanier angekommen. Zwar liegen noch keine endgültigen Statistiken über die Weihnachtskampagne im Einzelhandel vor – denn Bescherung ist in Spanien erst an Drei-König – doch vermelden einzelne Regionalverbände Umsatzeinbußen zwischen 10 und 25 Prozent.

4,5 Millionen Spanier sind ohne Arbeit. Bei einer Million Familien hat kein einziges Mitglied Arbeit. 800.000 Arbeitslose erhalten ab Februar überhaupt keine Stütze mehr. Am stärksten betroffen sind Arbeiter aus dem Bau- und Gaststättengewerbe. Denn Spaniens Krise ist eine doppelte. Zur internationalen Situation kommt imm Land auf der iberischen Halbinsel die geplatzte Spekulationsblase im Immobiliensektor. Das Jahrzehnt vor der Krise wuchs Spanien dank völlig überhöhter Wohnungspreise.

Die Folgen bekommen auch Banken und Sparkassen zu spüren. 11,7 Prozent der vergebenen Kredite wurden zum Jahresende nicht mehr ordentlich bedient. Die Hälfte davon sind Gelder, die an die Bauwirtschaft vergeben wurde. Jetzt wo keiner mehr eine Wohnung will, werden viele Projekte nicht fertiggebaut. Die Unternehmen schließen. Banken und Sparkassen bleiben auf den Grundstücken und leeren Wohnungen sitzen. Die andere Hälfte der ausstehenden Kreditzahlungen entfallen auf Privathaushalte. Ihre Wohnungen fallen per Gerichtsurteil ebenfalls an die Geldinstitute. Diese sehen das gar nicht so gerne. Denn Immobilien sind heute im Schnitt 12,8 Prozent weniger Wert, als vor der Krise und decken damit oft nicht einmal die noch ausstehenden Ratenzahlungen. Die spanische Zentralbank mahnte deshalb die Banken und Sparkassen, die Werte der gepfändeten Immobilien in den Büchern nach unten zu korrigieren. Sobald dies geschieht dürfte Spaniens Finanzsektor Schwierigkeiten haben, den kommenden Stresstest so brillant zu meistern, wie den im vergangenen Sommer.

Was bisher geschah: