© 2010 Reiner Wandler

Internet schlägt zurück

Es ist ein Sieg für Spaniens Internauten. Das Gesetz zum Schutz des Geistigen Eigentums wurde vom spanischen Parlament nicht verabschiedet. Die Sozialisten unter Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero bleiben am Dienstag in der Wirtschaftskommission alleine. Die baskische PNV und die katalanische CiU, auf deren Stimmen die spanische Minderheitsregierung angewiesen war, verweigerten Zapatero die Gefolgschaft auch nach stundenlangen Verhandlungen hinter den Kulissen und mehrmaliger Verschiebung der Abstimmung. Das Gesetz, dass innerhalb eines Paketes für Nachhaltige Wirtschaft eingebunden war, wurde auf Wunsch der Nationalisten einer gesonderten Abstimmung unterzogen und abgelehnt.

Auf Druck der spanischen Autorenvereinigung SGAE und des Kulturministeriums hat die Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero das Gesetz ausgearbeitet, das P2P-Seiten, die urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreitet, ebenso illegalisiert, wie webs und blogs, die auf diese Seiten mit links hinwiesen. Die Seiten sollten, so der Entwurf, ohne richterliche Anordnung auf Geheiß einer Kommission geschlossen werden können.

Seit Monaten hatten Internetvereinigungen und Blogger gegen das „Gesetz Sinde“, so benannt nach der einstigen Chefin der spanischen Filmakademie (AACCE) und jetzigen Kulturministerin Ángeles González Sinde, protestiert. Den gesamten Abstimmungstag über legten Internetaktivisten mit DDoS-Attacken die Seite des spanischen Parlament sowie verschiedener Parteien, der SGAE und einzelner namhafter Künstler, die das Gesetz verteidigen, lahm. Bei diesen Angriffen werden DDoS über spezielle Server in kürzester Zeit tausende von Seitenabrufen generiert, bis die web vor Überlastung zusammenbricht.

Bereits am Sonntag hatten unterschiedliche webs, die auf Filmdownloads überall im Netz verweisen, aus Proteste einen schwarzen Bildschirm geschaltet. „Falls das Gesetz Sinde angenommen wird, wird diese Seite verschwinden. Internet wird so zu einem weiteren Fernsehsender im Dienste der macht. Für die Meinungsfreiheit im Netz. Gegen das Gesetz Sinde. Nein zur Schließung von webs“, war in weißer Schrift zu lesen.

Die Proteste zeigten Wirkung. „Die Rechte der Autoren dürfen nicht gegen die Rechte der Bürger ausgespielt werden“, begründete die postkommunistische Vereinigte Linke, warum sie gegen das Downloadverbot stimmte. „Die Nutzer werden den Downloads selbst ein Ende setzen, sobald die Preise erschwinglich sind“, schlosse sich die baskischen Nationalisten dem an. Namhafte Künstler, wie der Sänger Alejandro Sanz oder der Filmregisseur Alex de la Iglesia verteidigten das unpopuläre Paragraphenwerk. Der weltweit bekannte Latinosänger Sanz warf den Politikern „Feigheit“ vor. „Ich bin nicht gegen Internet. Ich spreche nur von Leuten, die sich auf Kosten anderer bereichern“, erklärte De la Iglesia, der seit 2009 der Filmakademie vorsteht.

Der Filmemacher hat dabei unter anderem die spanischen Internetprovider im Blick. Die DSL-Flatrates sind in Spanien wesentlich teurer als in der restlichen EU. Jetzt sollen die Preise sogar noch weiter angehoben werden, als Begründung dienen die Downloads. Rund die Hälfte des Internetverkehrs wird durch Film- und Musikdownloads verursacht.

Spanien ist ein Paradies für Raubkopierer. Nicht nur Filesharing im Netz ist in Spanien sehr beliebt, das Land auf der Iberischen Halbinsel ist auch eines derjenigen europäischen Länder, in denen es am leichtesten ist, bei Straßenhändlern schwarz kopierte Musik, Filme und Videospiele zu erstehen. Die Großen in der Musik- und Kinobranche besorgt. Selbst die US-Botschaft in Madrid wurde bei den spanischen Behörden vorstellig, wie die Wikileaks-Dokumente belegen.

Was bisher geschah: