© 2010 Reiner Wandler

Licht aus – Kinostreik

Montag ist in Spanien Kinotag – mit besonderen Eintrittspreisen, um das Publikum zu locken. In ganz Spanien? Nein. In Katalonien fällt der Kinotag diese Woche aus. Denn mehr als 80 Prozent der Lichtspielhäuser streiken gegen ein neues Gesetz der Regierung der Autonomen Region im Nordosten Spaniens. Diese hat ein Kinogesetz erlassen, dass nur schwer einzuhalten ist. Die Hälfte aller gezeigten, ausländischen Filme müssen künftig in der Regionalsprache Katalanisch synchronisiert oder untertitelt sein. Der Tag der Protestaktion ist nicht von ungefähr der 1. Februar. Am Montag wird unter großem Presserummel der Gaudí-Preis der Katalanischen Filmakademie verliehen.

„Das Gesetz ist eine Apocalypsis Now“, beschwert sich der Sprecher der Vereinigung der Kinobesitzer, Camillo Tarrazón. Bisher seien gerade einmal zwei Prozent der gezeigten Filme auf Katalanisch. Die restlichen Produktionen werden auf Spanisch oder mit spanischem Untertitel verliehen und gezeigt. Tarrazón fürchtet um seine Einnahmen. Bereits jetzt würden viele Säle rote Zahlen schreiben. Eine gesetzliche Bestimmung, in welcher Sprache die Filme vorgeführt werden müssen, würde den Filmvetrieb verteuern. Der Kinoverband rechnet außerdem mit dem Verlust der Hälfte der Zuschauer. Denn Spanisch können in Katalonien alle, Katalanisch nur etwa jeder Zweite.

Nicht nur mit dem Filmgewerbe legt sich die katalanische Regierung – eine Koalition aus den auch in Madrid regierenden Sozialisten, Postkommunisten und radikalen Nationalisten – an. Auch wer ein Geschäft oder eine Kneipe hat, muss alles auf Katalanisch anschreiben. So sehen es Bestimmungen zum Verbraucherschutz vor. Wer dem nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Alleine im vergangenen Jahr wurden 870 Unternehmen angezeigt. Gegen 209 wurde eine Strafe verhängt. Insgesamt nahm die Regionalregierung 208.200 Euro ein. „Von Anonym“ steht auf den Bescheiden meist unter „Anzeige eingereicht“ vermerkt. So mancher Nationalist scheint seine Abendspaziergänge zu nutzen, um die Geschäfte und Kneipen in seinem Umfeld auf deren Sprachgewohnheiten hin zu überprüfen.

Ein neues Verbraucherschutzgesetz wird die Sprachbestimmungen gar noch verschärfen. Künftig müssen Einzelhandel und Gastronomie, Karten, Verträge, Rechnungen und Werbung auf Katalanisch ausstellen. Zudem müssen die Kunden in beiden Sprachen bedient werden. Wer dem nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro rechnen.

Am Samstag demonstrierten in Barcelona mehrere Hundert Anhänger nichtnationalistischer Parteien „Für ein Katalonien in Freiheit“ und „Gegen die linguistischen Bußgelder“. Sie berufen sich auf die spanische Verfassung. Darin steht geschrieben, dass in Regionen mit einer eigenen Sprache neben dem allgemein als Spanisch bezeichneten Kastilischen auch die Regionalsprache offizielle Amtssprache ist. Von einer Ausschließlichkeit ist ebenso wenig die Rede, wie vom individuellen Zwang zur Zweisprachigkeit.

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