© 2009 Reiner Wandler

Madrid 2016

An Selbstbewusstsein fehlt es Madrids Bürgermeister, Alberto Ruiz-Gallardón, nicht. „Obama kommt? Klasse, das erhöht die Spannung“, war die Reaktion des Linksaußen der spanischen Konservativen, als ihm ein Reporter mitteilte, dass der US-Präsident in Kopenhagen höchstpersönlich die Olympia-Kandidatur Chicagos vorstellen wird. Madrid müsse sich nicht verstecken.

Schließlich böte die spanische Hauptstadt König Juan Carlos auf, und dieser sei der Einzige, der mit den Vertretern der olympischen Bewegung „von du zu du reden“ könne. Schließlich sei er einst selbst als Segler Olympiateilnehmer gewesen.
Ruiz-Gallardón versucht mit seinem Optimismus die Spanier mitzureißen. Seit Monaten stolziert der Bürgermeister durchs Land, als hätte er den Zuschlag bereits erhalten. „Madrid hat das beste Projekt“, wird er nicht müde zu beteuern. Spaniens Hauptstadt habe „ihre Hausaufgaben bereits gemacht“. 77 Prozent der nötigen Installationen sind offiziellen Angaben zufolge bereits gebaut oder befinden sich im Bau. Viele der Sportstätten wurden bereits vor vier Jahren fertiggestellt, als sich Madrid zum ersten Mal für die Spiele bewarb. Damals löste sich Ruiz-Gallardóns Optimismus binnen weniger Minuten in nichts auf. London bekam den Zuschlag. Doch der Bürgermeister gab nicht auf. Noch am selben Tag begann er von 2016 zu reden.

Für 15 Sportarten reichen die bestehenden Einrichtungen völlig aus. Das Olympiastadion muss nur umgebaut werden, Tennishallen und Sportzentren stehen. Fehlen nur: das olympische Dorf und ein paar Kleinigkeiten. Und in Valencia, dem Austragungsort der Ruder- und Segelwettbewerbe, ist ebenfalls alles für den Startschuss bereit. Dank dem Americas Cup von 2007 ist der Sporthafen am Mittelmeer auf die Olympischen Spiele vorbereitet. Die wenigen noch ausstehenden Investitionen für Madrid 2016 werden von Staat, Autonomieregierung und der Gemeinde getragen. Ruiz-Gallardón hofft, dass dies in Zeiten der internationalen Wirtschaftskrise ein entscheidender Pluspunkt für Madrid ist.

Aber die Bewerbung hat auch Schwächen. Zwar hat die Stadt ein gut ausgebautes öffentliches Nahverkehrssystem, doch fehlen Radwege. Madrid ist eine Autostadt. In wenigen Städten Europas ist die Luft so schlecht.

Doch das größte Problem der spanischen Kandidatur sind die Spanier. Neben den Griechen sind sie die größten Sportmuffel europaweit. Breitensport gibt es kaum. Bei den unzähligen Sportfesten zur Unterstützung der Kandidatur Madrids nahmen fast ausschließlich Kinder teil. Die sportliche Betätigung vieler Erwachsener beschränkt sich auf Fußball – vom Sofa aus.

Bei Olympia rächt sich dies. Bei den Sommerspielen in Peking gewann das Land gerade mal fünf Goldmedaillen. Wohl deshalb reden die spanischen Fernsehreporter gerne von olympischen Diplomen. Die völlig unbekannte Auszeichnung erhält schon, wer unter die ersten acht kommt./Foto: Madrid 2016

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