© 2009 Reiner Wandler

Das ist die Madrider Luft, Luft, Luft …

«Herzlich willkommen in Madrid. Atmen Sie tief durch und geniessen Sie Ihren Aufenthalt.» Dies wäre das ideale Werbeplakat für einen Kurztrip in die spanische Hauptstadt. Nicht etwa weil dort plötzlich die Luftverschmutzung abgenommen hätte. Nein, es ist gerade die schlechte Atemluft, die man tief in die Lungen saugen sollte. Denn die Atmosphäre von Madrid enthält Reste verschiedenster Drogen. Darunter befinden sich Kokain, Amphetamine, Opiate, Cannabis, und LCD. Auch die Einwohner von Barcelona dürfen sich glücklich schätzen. Sie bekommen ebenfalls allerlei verbotene Substanzen per Atemluft frei Haus. Das stellte jetzt der Hohe Spanische Wissenschaftliche Forschungsrat fest.

Die beiden spanischen Städte schlagen alle Rekorde. Keine andere europäische Grossstadt, die ähnliche Messungen durchgeführt hat, kommt auf die Werte von Madrid oder Barcelona. Die Konzentration von Kokain in der Luft übertraf selbst die einiger Schwermetalle wie Kadmium oder Wismut aus den Abgasen des immer chaotischen Strassenverkehrs.

Bereits im vergangenen Jahr staunten die Wissenschaftler bei einer anderen Messung nicht schlecht. Sie untersuchten das Abwasser der Stadt Barcelona. Auch hier fanden sie Rückstände von Kokain. 70 000 Tagesdosen werden demnach in der katalanischen Hauptstadt konsumiert. Ein Beweis mehr für eine andere Statistik, die der UNO. In deren jährlichen Drogenbericht zog Spanien bereits vor mehreren Jahren mit den USA in Sachen Kokainkonsum gleich. Er ist damit in Spanien vier Mal so hoch wie im restlichen Europa. Drei Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren sniffen demnach regelmässig Kokain. Unter den Gymnasiasten sind es mehr als sieben Prozent.

Das Land auf der Iberischen Halbinsel ist Hauptkonsument und Einfallstor für die Substanz aus Lateinamerika zugleich. Ob Flughafen oder Küste, die Drogenmafia versucht es auf allen Wegen. Und mit viel Erfolg. Die spanische Polizei entdeckt nur ein Viertel dessen, was in den USA beschlagnahmt wird.

Die Tricks der Kokainmafia werden immer ausgefallener. Kunstwerke aus Koks, mit Drogen gefüllte Bauteile für Windparks, Kokain getarnt in Lebensmittelkonserven … Die Liste liesse sich endlos weiterführen. Nicht schlecht staunte die Polizei im südspanischen Hafen Cádiz. Dort legen immer wieder Luxus-Kreuzfahrtschiffe an. Die Passagiere sind meist betuchte Leute in hohem Alter. Keiner wäre je auf die Idee gekommen, diese Touristen des Drogenschmuggels zu verdächtigen. Erst nach einigen Verhaftungen kamen die Behörden zwei Omas auf die Schliche. Bei ihrer Festnahme hatten sie insgesamt 27 Kilo Kokain in ihren Kajüten versteckt. Die Ladung hatten sie bei einem Stopp in Brasilien erhalten.

Auch beim Cannabis schlägt Spanien alle Rekorde. Der Konsum des Hauptexportschlagers des Nachbarlandes Marokko ist legal. Der Handel nicht. Das ist gut für das Geschäft. Schnelle Schlauchboote bringen ihre Ladungen über die Meerenge von Gibraltar an Spaniens Küste. Die Gewinnspanne ist so lukrativ, dass selbst bei der spanischen Armee so mancher auf die Idee kommt, den schmalen Sold auf dem Haschischmarkt aufzubessern. Die Guardia Civil entdeckte vergangenen Monat 70 Kilogramm „chocolate“, wie das Haschisch in Spanien heißt, in einem Militärkonvoi, der aus Melilla, der spanischen Exklave an der afrikanischen Nordküste, auf die Iberische Halbinsel übersetzte, um dort an Manövern teilzunehmen. Die Pakete waren in Geschützrohren versteckt. Es war nicht das erste Mal, dass die Polizei bei der Armee fündig wurde. Vor sieben Jahren stellten die Beamten 760 Kilo Haschisch in einem Militär-LKW sicher. Im vergangenen Jahr wurden 25 Kilo bei der spanischen Legion in einem Ersatzrad gefunden. In beiden Fällen waren die Einheiten auf der Überfahrt zu einer militärischen Übung.

Was bisher geschah: