© 2009 Reiner Wandler

Auge um Auge! Zahn um Zahn!

Das Video ist in allen Nachrichtensendung immer und immer wieder zu sehen. „Auge um Auge! Zahn um Zahn“ schreit ein junger Mann, als er verhaftet wird. „Diese Hurensöhne haben meine Wohnung zerstört! Jetzt zerstöre ich ihr Haus.“ Es handelt sich um Emilio G., Bewohner des baskischen Dorfes Lazkoa. Er tat etwas, was es bisher noch nie gab. Nur fünf Tage vor der Wahl des Autonomieparlamentes im Baskenland am kommenden Sonntag drang der Metallarbeiter mit einem Vorschlaghammer in die Kneipe der ETA-nahen, radikalen Nationalisten, ein. Dort zerstörte er alles, was ihm unter den Hammer kam. Emilio G. rächte sich damit für eine Bombe der bewaffneten Separatistengruppe ETA, die am Montag das örtliche Lokal der Sozialistischen Partei, des in Madrid regierenden José Luis Rodríguez Zapatero zerstörte. Emilio G., der direkt darüber wohnte, wurde zwar nach einem Drohanruf rechtzeitig evakuiert. Aber seine Wohnung wurde völlig verwüstet.

Als Emilio G., der als Sohn eines ehemaligen sozialistischen Gemeinderates früh lernen musste, was es heißt mit den Nationalismus nicht einverstanden zu sein, auch noch in aller Öffentlichkeit mit anhören durfte, wie sich ETA-Anhänger über die Opfer des Anschlags lustig machten, platzte ihm der Kragen. Er schlug zurück. Während er den einen als Held gilt und sie für ihn im Internet Geld sammeln, haben andere Lazkoa mit Plakaten zugepflastert: „Emilio Faschist“, steht dort zu lesen. Emilio wird wohl gehen müssen, wenn ihm sein Leben lieb ist. ETA und Umfeld können es nicht zulassen, dass jemand einfach so die Mauer des Schweigens und der Angst einreißt.

Die Nationalisten, egal ob gemäßigt oder radikal, machen gegen Zapateros Sozialisten Front. Für ETA und Umfeld stehen sie für die Repression. Seit ETA im Juni 2007 einen Waffenstillstand brach, greifen Polizei und Richter hart durch. Immer wieder werden Mitglieder der ETA-Führung verhaftet. Und bei den Wahlen am Sonntag wird das politische Umfeld der Separatisten erstmals nicht auf dem Stimmzettel stehen. Das Oberste Gericht in Madrid hat zwei Listen für illegal erklärt. Es seien reine Nachfolgeorganisationen der seit 2003 verbotene Batasuna. Die bisher im Parlament vertretene Kommunistische Partei der Baskischen Heimat (EHAK) wurde bereits im Herbst verboten.

„Verbote a la carte“ nennt der Chef der Autonomieregierung und erneuter Kandidat der gemäßigteren Baskisch Nationalistische Partei (PNV), Juan José Ibarretxe, die Entscheidung des Obersten Gerichtes, ohne zu erwähnen, dass die Parteien deshalb nicht zugelassen wurden, weil sie die Gewalt ETAs verherrlichen. Ibarretxe versucht die heimatlos gewordenen, radikalen Wähler an sich zu binden. Und er braucht sie nötig. Denn die Umfragen zeigen, dass seine PNV nur knapp vor den sozialistischen PSE-EE, dem baskischen Ableger von Zapateros PSOE, liegt. Ibarretxe, der seit zehn Jahren im Baskenland regiert, sorgte mit seinen Plänen für eine Volksabstimmung, die den Weg zur Unabhängigkeit ebnen sollte, immer wieder für Aufregung in Spanien. Innerparteiliche Kritiker drängte er an den Rand.

Auch unter den PNV-Wählern sind längst nicht alle mit Ibarretxes Linie einverstanden. Genau diese Unzufriedenen will der Spitzenkandidat der PSE-EE, Patxi López, für sich gewinnen. Mit wem er allerdings regieren will, falls seine Partei tatsächlich stärkste Kraft im neuen Parlament werden sollte, darüber schweigt sich er bisher aus. López hätte vermutlich zwei Möglichkeiten. Entweder ein rein-nicht-nationalistisches Bündnis mit der konservativen Volkspartei (PP) oder eine Koalition mit der PNV. Dies scheint wahrscheinlicher. Denn trotz des herben Tones gegenüber Madrid unterstützt Ibarretxes PNV die Minderheitsregierung Zapateros im spanischen Parlament.

Was bisher geschah: