© 2009 Reiner Wandler

Seltsame Bündnisse

Spaniens Regierungspartei sucht sich seltsame Weggefährten. Auf einer Demonstration gegen den Gaza-Feldzug Israels in Madrid, zu der neben der Sozialistischen Partei PSOE von Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero die beiden größten Gewerkschaften des Landes, UGT und CCOO, sowie die kommunistische Vereinigte Linke gerufen hatten, bestimmten die Islamisten von Hamas und aus Nordafrika das Bild. Mit dem grünen Stirnband, der in Gaza regierenden islamistischen Partei, führten sie den Marsch von mehreren Zehntausend Demonstranten durch die Madrider Innenstadt an. Sie trugen eine israelische Fahne mit aufgedruckten Hakenkreuz. Mit Sprüchen wie „Israeliten, Terroristen“, und „Jahwe verlangt den Völkermord“ machten sie die gesammte jüdische Religion für den Krieg verantwortlich. „Allah ist groß“, „Hizbollah beweg dich“, „Hoch lebe der bewaffnete Kampf“ und „Indifada“ skandierte die Islamisten. Davidsterne wurden verbrannt. Der Boykott gegen jüdische Einrichtungen und israelischer Produkte gefordert. Weiter hinten machte Spaniens parlamentarische und ausserparlamentarische Linke Israel als „Nazi-Zionisten Staat“ und „Yankee Militärbasis im Mittleren Osten“ aus. Immer wieder wurden Rufe nach einer Schließung der spanischen Botschaft in Tel Aviv laut.

Da nutzte es auch nichts, dass der offizielle Sprecher der PSOE, der Parteisekretär für soziale Bewegungen Pedro Zerolo, vor laufenden Fernsehkameras das Selbstverteidigungsrecht des Staates Israel einforderte und nur die besondere Härte des Krieges kritisierte. In dem von zahlreichen Künstlern unterstützten Abschlusserklärung, gab es kein einziges kritische Wort zur Raketenkampagne, mit der Hamas den Waffenstillstand gebrochen hatte. „Der Vorwand der israelischen Regierung – die Raketenangriffe von Hamas gegen die israelische Bevölkerung – ist im Zusammenhang mit einer Aktion krimineller Zerstörung nicht akzeptabel“, las Federico Mayor Zaragoza, Ex-Direktor der UNESCO, auf der Abschlusskundgebung.Spaniens öffentliche Meinung ist so israel- und judenfeindlich wie keine zweite in Europa. Zu Zeiten der Diktatur suchten die Herrschenden hinter jeder oppositionellen Äußerung einen „Verschwörung von Juden und Freimaurern“. Auch nach Ende der Diktatur 1975 tat sich das junge, demokratische Spanien mit Israel schwer. Es sollte elf Jahre dauern, bis Madrid kurz vor dem EU-Beitritt den Staat Israel anerkannte. Erst 1992, 500 Jahre nach der Vertreibung aller Juden von der iberischen Halbinsel, schloss Spaniens Regierung ein Abkommen mit der kleinen, hebräischen Religionsgemeinschaft im Lande.Spanien, dass sich besonders guter diplomatischer Beziehungen mit der arabischen Welt rühmt, ist einer der wichtigsten europäischen Geldgeber der palästinensischen Autonomiebehörde. Regierungschef Zapatero rief zusammen mit iranischen religiösen Würdenträgern und der türkischen, islamistischen Regierung Erdogan die Allianz der Zivilisationen ins Leben. Mit Israel kommt es immer wieder zu diplomatischen Missstimmungen, zuletzt, als Zapatero während des Libanonkrieges vor zwei Jahren auf einem Kongress der sozialistischen Parteijugend mit einem Palästinensertuch auftrat. Im Vorfeld der Demonstration wurde Spaniens Regierungschef auf das Verhältnis mit Israel angesprochen. Einen Freund müsse man besonders deutlich sagen, wenn er einen Fehler begehe, erklärte Zapatero seine einseitig, israelkritische Haltung während des Gaza-Krieges. Nach der Demonstration gab es bisher keine Erklärung seitens der Regierung. Stattdessen verlangte Zapatero auf einer Wahlkampfveranstaltung in Nordspanien einen sofortigen Waffenstillstand – nur von Israel versteht sich.

Was bisher geschah: