© 2008 Reiner Wandler

Militärchef verhaftet

Er wurde von der spanischen Polizei gesucht, wie kein zweiter. Jetzt ging ETA-Militärchef Mikel Garikoitz Aspiazu alias „Txeroki“ den Ermittlern in die Fänge. Der 35-jährige Separatist wurde in einer gemeinsamen Aktion der französischen Gendamerie und der spanischen Guardia Civil in der Nacht zum Montag im Cauterets in den südfranzösischen Pyrenäen im Schlaf überrascht. Er befand sich in Begleitung einer Frau. Die beiden hatten vor einer Woche die Wohnung 30 Kilometer von Lourdes entfernt gemietet, in der sie verhaftet wurden. Beide waren bewaffnet. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verhafteten nach Spanien ausgeliefert werden“, erklärte der französische Innenminister Michèle Alliot-Marie.

Die Ermittlungsrichter an der Madrider Audiencia Nacional, dem obersten, spanischen Strafgerichtshof, warten bereits. Der 1973 in der baskischen Stadt Bilbao geborene Txeroki steht seit 2002 ganz oben auf der Fahndungsliste der spanischen Polizei. Er gilt als wichtigster Vertreter des harten Kerns ETAs. Bereits während des 14-monatigen Waffenstillstandes, den ETA am 24. März 2006 ausrief, baute der seit 2002 in Frankreich Untergetauchte neue Kommandos auf. Als die Verhandlungen mit der spanischen Regierung ins Stocken gerieten, war Txerokis Augenblick gekommen. Sein Flügel setzte sich gegen ältere und gemäßigtere Führungsmitglieder rund um den flüchtigen, ehemaligen Basken-Parlamentarier Josu Ternera durch. Zum Jahresende 2006 zündete ETA eine Autobombe in einem Parkhaus im Madrider Flughafen. Das Gebäude wurde völlig zerstört. Zwei Menschen verloren dabei das Leben.

Als ETA die Waffenruhe im Juni 2007 endgültig brach, schickte der Militärchef seine Pistoleros aus. Den ersten schweren Anschlag verübten die Separatisten nur wenige Tage vor der Parlamentswahl im März 2008. Ein ehemaliger Gemeinderat der sozialistischen Partei von Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero wurde in seinem baskischen Heimatort Mondragón erschossen. Bomben auf Urlaubsziele und auf öffentliche Einrichtungen folgten in den kommenden Monaten. Im Dezember 2007 wurden in Südfrankreich zwei Beamte der spanischen Guardia Civil auf einem Parkplatz ermordet. Txeroki, so die Ermittlungen soll in den vergangenen Monaten damit geprahlt haben, höchstpersönlich abgedrückt zu haben.

Txeroki ist der Vertreter einer neuen ETA-Generation. Wie die meisten heutigen Mitglieder der bewaffneten Separatistenorganisation stammt der 35-jährige aus der Kale Borroka. So heißt der Straßenkampf radikalisierter Jugendlicher, die mit Brandsätzen Anschläge gegen nicht nationalistische Basken verüben und gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei suchen. Im Jahr 2001 machte Txeroki dann den Schritt in den bewaffneten Untergrund. Als Mitglied des „Comando Bizkaia“, einer ETA-Zelle in der Region rund um die Baskenmetropole Bilbao, soll er an einem tödlichen Anschlag gegen einen Richter beteiligt gewesen sein. 2002 flüchtete er nach Südfrankreich. Sein Aufstieg innerhalb der ETA-Befehlsstrukturen begann.

„Die Verhaftung ist ein wichtiger Fortschritt“, der helfen wird „Leben zu retten“, erklärte Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero. Doch die Hoffnungen, dass ETA durch die Verhaftungen des Falken Txeroki wieder den politischen Dialog suchen könnte, dürften enttäuscht werden. Bereits wenige Stunden nach der Verhaftung gingen in den spanischen Medien die Spekulationen los, wer Txeroki an der Spitze des Militärapparats von ETA ersetzten wird. Alles deutet auf Aitzol Iriondo Yarza alias „Gurbita“ hin. Gurbita soll noch härter sein als Txeroki. Der ebenfalls 2002 nach Frankreich geflüchtete Etarra gehörte einer Unterstützergruppe des „Comando Donosti“ in der baskischen Stadt San Sebastian an. Auch er kommt aus der Kale Borroka. Im Gegensatz zu Txeroki wird er nicht nur in Spanien gesucht, sondern auch in Frankreich. Dort wurde Gurbita zweimal in Abwesenheit zu insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt. Auch Aitzol Iriondo Yarza soll am Mord an den beiden spanischen Polizisten vergangenen Dezember in Frankreich beteiligt gewesen sein. Jetzt wartet Spanien auf die Reaktion ETAs in Form eines Anschlages./Foto: Web Ertzaintza

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