© 2008 Reiner Wandler

Kandidat der traurigen Gestalt

Früh übt sich … PP-Anhänger im Wahlkampf

Mariano Rajoy ist ein Kandidat der traurigen Gestalt. Brillant, arbeitsam, geländetauglich, ein stabilen Wert … was wurde nicht alles über den 52-jährigen Konservativen geschrieben, als er vor vier Jahren den damaligen Regierungschef José María Aznar an der Spitze der Partido Popular (PP) beerbte, nachdem sich dieser wie versprochen nach zwei Legislaturperioden aus dem Regierungsamt zurückzog. Alle Umfragen sahen den Juristen aus dem nordwestspanischen Galicien als Sieger bei den Wahlen 2004. Doch es sollte anders kommen. Am 11. März, nur drei Tage vor dem Urnengang, rissen islamistische Bomben auf Züge in Madrid 191 Menschen in den Tod. Der noch amtierende Aznar schob die Schuld der bsaskischen ETA zu, um von Spaniens Teilnahme am Irakkrieg als möglicher Anschlagsgrund abzulenken. Das Wahlvolk durchschaute das Spiel und strafte die PP ab. Der Sozialist José Luis Rodríguez Zapatero zog überraschend in den Regierungspalast ein. Rajoys leidvoller Weg in die Opposition begann und damit die Metamorphosis vom moderaten Siegertypen zum erbarmungslosen Machtpolitiker. Am kommenden Sonntag wird Rajoy abermals sein Glück versuchen. Doch die Umfragen sehen ihn nach zwei verlorenen TV-Debatten deutlich hinter Zapatero.

Dieses Mal ist Rajoy, der die dramatische Wahlniederlage von 2004 nie verwunden hat, das Opfer seiner eigenen Politik. Ob die Einführung der Homoehe, mehr Rechte für die auf ihre eigene Kultur bestehenden Regionen oder die Verhandlungen mit ETA, Rajoy ließ keine Gelegenheit aus, Zapatero hart anzugreifen und die Seinen auf die Straße zu mobilisieren. Die Taktik war einfach. 2004 verlor die PP nicht etwa weil ihr die Wähler davon liefen, sondern weil Aznars Lügen nach den Anschlägen traditionelle Nichtwähler zugunsten von Zapatero an die Urnen brachten.

Harte Opposition sollte das frustrierte, konservative Umfeld zusammenhalten. Dies gelang. Doch leider mobilisiert der harte Kurs auch die Ängste der Gegenseite. Diese sitzt im vom Bürgerkrieg und der Franco-Diktatur gezeichneten Spanien bei vielen tief. Eine aggressive Rechte ist einfach nicht mehrheitsfähig, egal wie gut ihre Argumente sind. Zapatero profitiert davon. Eine Niederlage am Sonntag dürfte Rajoys Karriere beenden.

Der Sohn eines liberalen Richters und Enkel eines republikanischen Anwalts wechselte 1990 als junger Regionalabgeordneter von Galicien nach Madrid. Er wurde zum stellvertretenden Generalsekretär der PP ernannt. Polemischen Debatten innerhalb der Partei und mit der Opposition wich Rajoy mit seiner ruhigen, pragmatischen Art immer wieder soweit es ging aus. 1996 wurde die PP stärkste Partei und besiegte die Sozialisten von Felipe González, aber zum Regieren reichte es nicht. Unterstützung konnten nur von den baskischen und katalanischen Nationalisten kommen. Und die waren der traditionell zentralistisch orientierten Rechten alles andere als wohlgesonnen. Als Minister für Öffentliche Verwaltung machte Rajoy das Unmögliche möglich. In wochenlangen Verhandlungen schmiedete er einen Tolerierungspakt.

Als Innenminister kann er mit einer Reihe wichtiger Fahndungserfolge gegen ETA aufwarten. Als Bildungs- und Kulturminister reformierte er das Auswahlverfahren für die Hochschulen. Doch den Spanier ist er vor allem als Vizeregierungschefs in Erinnerung geblieben. Als solcher verteidigte er die Teilnahme am Irakkrieg, gegen die Millionen auf Spaniens Straße gingen.

Anstatt sich vor den Wahlen wieder an seine moderaten Ursprünge zu erinnern, tritt Rajoy die Flucht nach vorn an. Er schloss Zentrumspolitiker, wie den Madrider Bürgermeister Alberto Rúiz Gallardón von der PP-Liste aus. Mit populistischen Argumenten nimmt er die Immigranten aufs Korn. Sie seien Schuld an der wachsenden Kriminalität. Ein Einwanderervertrag in dem die Betroffenen zustimmen, Recht und Sitten Spaniens zu respektieren soll eingeführt werden. Wer dagegen verstößt, oder wer länger als zwei Jahre keine Arbeit findet soll ausgewiesen werden. „Die PP ist der Bunker der extremen Rechten“, kontern Zapateros Sozialisten und haben Rajoy abermals in der Ecke wo er nicht gefährlich werden kann.

Was bisher geschah: