© 2008 Reiner Wandler

Quo vadis IU?

Spaniens Vereinigte Linke (IU) steht vor der größten Bewährungsprobe ihrer Geschichte. Sollten sich die Umfragen bewahrheiten, verliert das Bündnis rund um die Kommunistische Partei Spaniens (PCE) am kommenden Sonntag ihren Fraktionsstatus. Mit knapp unter fünf Prozent der Stimmen würden sie nur mit vier Abgeordneten – einer weniger als bisher – ins neu zu wählende Parlament einziehen. IU würde damit zum Opfer der Polarisierung der spanischen Politik in den vergangenen vier Jahren.

„Wählt IU, lasst euch keine Angst einjagen und auch nicht die Angst vor der Angst“, predigt IU-Spitzenkandidat und Chefkoordinator des Bündnisses Gaspar Llamazares auf seinen Wahlkampfveranstaltungen. Viele ließen sich dazu hinreisen aus „Angst zu wählen“, beschwert er sich. Die konservative PP schüre „die Angst vor den Immigranten“, um in den klassischen Hochburgen der Linken, den Arbeitervierteln zu punkten. Und die sozialistische PSOE von Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero nutze die Angst vor der Rechten.

Doch die Krise bei IU ist nicht nur der zunehmenden Tendenz hin zu den beiden großen Parteien zu schulden. Llamazares hat es versäumt, ein eigenes Profil zu pflegen. Nach dem überraschenden Wahlsieg Zapateros nach den Anschlägen auf die Pendlerzüge in Madrid vor vier Jahren reihte sich IU hinter den Sozialisten ein. Anstatt eigene Ideen zu entwickeln, verteidigte das Linksbündnis die Politik Zapateros und stimmte ein in den Chor „Alle gegen die PP“. Am linken Flügel von IU kritisieren deshalb viele Llamazares als „profillos“. Ein Versuch ihn per Urabstimmung als Spitzenkandidat abzulösen scheiterte zwar, verschärfte aber die interne Krise unter der IU seit Jahren leidet.

IU enstand 1986 in deutlicher Abgrenzung zu den damals unter Felipe Gonzalez regierenden Sozialisten. Was als breite Bewegung unterschiedlichster linker, ökologistischer, feministischer und antimilitaristischer Gruppen um die KP begann, geriet schnell in den Sog der Flügelkämpfe der Kommunisten. Ein Teil spaltete sich ab und lief zur PSOE über, während in den kommunistischen Hochburgen ein erbitterter Kampf um die immer raren werdenden Posten in Partei und Parlamenten begann. Das letzte Beispiel ist die Comunidad de Valencia wo sich IU im Vorfeld der Wahlen gespalten hat. Jetzt treten in der Mittelmeerregion zwei Linksbündnisse an. Der dort bisher errungene Parlamentssitz wird wohl verloren gehen und damit der Fraktionsstatus im spanischen Parlament.

Ein moderner Wahlkampf mit Videos im Internet soll helfen. Superheld Llamazares löst als als Zeichentrickfilm die wichtigen sozialen Probleme Spaniens, wie der Wohnungsprobleme der Jugendlichen oder die Benachteiligung der Frauen. In einem Video verbrennt Llamazares gar ein Foto der Königsfamilie. Dies soll bei jungen Wählern Sympathien schaffen, sorgt aber zugleich für Aufregung in den Medien.

„Die Arbeiter begehen einen Fehler, wenn sie dieses Mal PSOE wählen“, erklärt Llamazares und versucht sein Glück bei den Anhängern der größten Gewerkschaft des Landes, der CCOO. 600 Gewerkschafter haben ein Manifest unterschrieben, in dem sie zur Wahl von IU auffordern. Doch viele Mitglieder, der einst kommunistischen Gewerkschaft werden ihre Stimme Zapatero geben. Als „die nützliche Linke“, propagiert dieser erfolgreich seine PSOE.

Nur eine starke IU sei ein Garant für eine echten Linksruck in Spanien, hält IU dagegen. Denn die PSOE stehe wie die PP für eine neoliberale Politik. Llamazares will Zapatero eine Koalition anbieten, falls dieser – wie zu erwarten – keine absolute Mehrheit erreicht. Doch genau dieses Versprechen könnte IU am linken Rand weitere Stimmen kosten.

Was bisher geschah: