© 2007 Reiner Wandler

Augen zu und durch

Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die durch das Hypothekengeschäft in den USA hervorgerufene internationale Finanzkrise „wird keine nennenswerte Auswirkungen auf die Entwicklung der spanischen Ökonomie haben“, erklärt Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero. Und für Wirtschaftsminister Pedro Solbes sind die Börsenverluste „eine gewissen Korrektur“, der „keine größere Bedeutung beigemessen werden muss“.

Doch die Zahlen sprechen andere Worte. Mehr als ein Dutzend spanischer Banken und Investmentfonds haben zugeben müssen, im Geschäft mit den Risiko-Hypotheken in den USA verwickelt zu sein. Spaniens Wirtschaftspresse schaut besorgt auf den einheimischen Immobiliensektor. Nirgendwo in Europa sind die Wohnungspreise in den vergangenen zehn Jahren so gestiegen wie in Spanien. Vielerorts haben sie sich mehr als verfünffacht. Die Befürchtung diese Immobilienblase könnte platzen, macht sich breit. Die Folgen wären verheerend. Denn das überdurchschnittlich hohe Wirtschaftswachstum der letzten Jahre ist dem Bauboom zu verdanken. Bricht der Bausektor zusammen, wäre Massenarbeitslosigkeit die Folge.

Dies wiederum hätte soziale Auswirkungen. Spaniens Familien zahlen im Schnitt 45 Prozent ihres Monatseinkommen für die Abzahlung der Wohnung. Im Jahre 2004 waren es nur 35 Prozent. Zwar gibt es in Spanien offiziell keine Risikohypotheken wie in den USA, doch ist die Politik der Banken bei der Kreditvergabe in den letzten Jahren alles andere als rigoros. Viele Geldinstitute finanzieren Wohnungen ohne Anzahlung. Eine Bescheinigung über Schwarzeinkünfte wird bei der Risikoberechnug oft als Ergänzung zum Lohnzettel akzeptiert. Hatten die Hypotheken vor zehn Jahren noch eine Laufzeit von 15 bis 25 Jahren, werden mittlerweile Wohnungskredite auf bis zu 50 Jahren angeboten. Das Risiko, dass der Kreditnehmer zahlungsunfähig wird, steigt dadurch.

Noch geben die Banken die Zahl der Hypotheken, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, nur mit 1,27 Prozent an. Dem widerspricht jedoch die ständig steigenden Zahl der Zahlungsunfähigen. Alleine in den letzten 12 Monaten wuchs sie um 30 Prozent. Im lezten Jahr hatten die Banken dadurch mehr Ausstände, als sie an neuen Krediten vergeben haben.

Gleichzeitig schwächelt der Immobilienmarkt. In diesem Jahr erfahren die Wohnungen nur noch eine durchschnittliche Wertsteigerung von 4,4 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 10,4 Prozent. Vielerorts fallen die Wohnungspreise gar. Sollte sich dies generalisieren, wäre es eine Katastrophe. Die Gläubiger müssten dann Wohnungen abzahlen, die sie zu einem viel höheren Preis erstanden haben. Werden sie zahlungsunfähig, würden die Banken bei einer Zwangsversteigerung ebenfalls Geld verlieren. Zudem könnte der Markt schnell von Wohnungsangeboten aus Panikverkäufen überspült werden. Denn in Städten wie Madrid stehen ganze neuerrichtete Stadtteile so gut wie leer. Die Wohnung wurden gekauft, um mit ihnen zu spekulieren.

Spaniens größte Bank, die Banco Santander Central Hispano, hat die Zeichen der Zeit erkannt. Vor wenigen Monaten verkaufte sie ihr gesamtes Immobilienguthaben. Sie lebt jetzt zur Miete.

Was bisher geschah: